Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
TTIP treibt Zehntausende auf die Straße
Gegner des Freihandelsabkommens demonstrieren am Samstag in Berlin
(sz) - Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat die Demonstration von Gegnern des geplanten Freihandelsabkommens TTIP am kommenden Samstag in Berlin kritisiert. „TTIP stoppen heißt, unseren Wohlstand von morgen zu gefährden”, schrieb Lindner in einem Gastbeitrag in der „Saarbrücker Zeitung”. „Wir können es uns aber nicht leisten, uns von der Globalisierung abzuschotten.”
Nach Prognosen des Internationalen Währungsfonds werde künftig 90 Prozent der weltweiten Nachfrage außerhalb Europas entstehen. „Unsere Stärke hat nur im Verbund mit unseren Partnern in Nordamerika eine Zukunft.” Mehr als 600 000 Jobs hingen in Deutschland derzeit vom Handel mit den USA ab. Ein von Zöllen und Bürokratie befreiter Handel werde neue Dynamik bringen.
Die europäischen Umwelt- und Verbraucherschutzstandards stünden nicht zur Debatte, betonte Lindner. „Das Verhandlungsmandat der EU schließt das ausdrücklich aus.” Lindner kritisierte auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Dessen Aufgabe wäre es gewesen, die Industriegewerkschaften für TTIP zu gewinnen, betonte der FDP-Politiker. „Stattdessen stehen sie am Samstag auf der Straße und Gabriel zieht sich auf eine Zuschauerrolle zurück.” Am Samstag werden zu einer Großdemonstration gegen TTIP rund 50 000 Menschen in Berlin erwartet.
Baden-Württembergs Verbraucherminister Alexander Bonde (Grüne) forderte mehr Rücksicht auf die Interessen der Verbraucher. Bonde sagte der „Saarbrücker Zeitung”, er hoffe, dass die Verhandler von EU und USA die Sorgen vieler Menschen in Deutschland ernst nehmen würden. „Wer TTIP will, muss jetzt die kritischen Punkte aus den Verhandlungen nehmen”, so Bonde.
Seit Juli 2013 verhandelt die EU mit den USA. Mit rund 800 Millionen Verbrauchern würde so der weltgrößte Wirtschaftsraum entstehen. Umwelt- und Verbraucherschützer, Sozialverbände und Gewerkschaften befürchten eine Angleichung der Standards auf geringe- rem Niveau. Bereits ausverhandelt ist das Abkommen Ceta („Comprehensive Economic and Trade Agreement“) zwischen Europa und Kanada. Es gilt als Blaupause für TTIP. Ob die EU den bei Ceta verankerten Investorenschutz noch verändern kann, ist fraglich.