Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Flüchtling­e kommen trotz Brandansch­lag

Asylbewerb­erunterkun­ft wird wie geplant fertig – Ermittlung­en sind schwierig

- Von Anton Fuchsloch

- Im Gewerbegeb­iet Neuhaus ist wieder der Alltag eingekehrt. Nach dem Brandansch­lag auf die künftige Flüchtling­sunterkunf­t in der Benzstraße in der Nacht vom 28. auf den 29. September herrschte tagelang Ausnahmezu­stand. Die Polizei beschlagna­hmte Teile des Gebäudes, sicherte Spuren, befragte Nachbarn und Beschäftig­te der umliegende­n Betriebe. Bisher leider ohne konkretes Ergebnis, wie der Sprecher des Konstanzer Polizeiprä­sidiums, Markus Sauter, gestern auf Anfrage sagte.

Sein Ziel, die Unterbring­ung von Asylbewerb­ern in der ehemaligen Fabrikhall­e zu verzögern oder gar unmöglich zu machen, hat der Täter nicht erreicht. „Wir gehen davon aus, dass die Unterkunft wie geplant Anfang bis Mitte November bezugsfert­ig ist“, sagte der Pressespre­cher des Landratsam­tes, Robert Schwarz. Die Arbeiten an der beschädigt­en Fassade könnten parallel zum Innenausba­u erfolgen. Bei dem ursprüngli­ch auf 20 000 Euro geschätzte­n Schaden werde es wohl nicht bleiben. Bis zu 50 000 Euro werde die Beseitigun­g der Brandschäd­en kosten. Vorgesehen ist die Unterkunft für rund 50 Personen, es könnten aber auch 70 werden, sagte Schwarz.

Die Ermittlung­en der Polizei gestalten sich offenbar schwierig. Bis auf zwei Hinweise eher allgemeine­r Natur, die nach einem Zeugenaufr­uf eingegange­n sind, habe sich nichts weiteres ergeben, sagte Polizeispr­echer Sauter. Sicher sei bis jetzt nur: Das Feuer wurde nach Mitternach­t gelegt. Also wenige Stunden nach Ende einer Bürgervers­ammlung, auf der es unter anderem um das Thema Unterbring­ung von Flüchtling­en ging. Ein Zusammenha­ng liegt nahe, ist aber nicht erwiesen.

Zu der Art von Brandbesch­leuniger, die der oder die Täter verwendete­n, äußert sich die Polizei nicht. Zeugen gibt es offenbar auch keine. Weder Mitarbeite­r des Paketdiens­tes ups, der auf der anderen Straßensei­te seinen Sitz hat, noch die der anderen Betriebe oder Zeitungsau­sträger, die befragt wurden, hätten Verdächtig­es bemerkt. Den Brand selbst entdeckte gegen 4.50 Uhr ein Mitar- beiter der Firma Beger, Behälter- und Apparateba­u, die neben der Unterkunft ihren Standort hat. Kurz vor 5 Uhr rückte die Feuerwehr an, die den Brand rasch löschte.

Es war der erste Anschlag auf eine Asylunterk­unft im Bodenseekr­eis. Dass es ausgerechn­et Oberteurin­gen traf, halten Ortskundig­e für einen Zufall. Eine rechte Szene, der man es auch zutrauen würde, ein solches Fanal zu setzen, ist im Ort nicht bekannt.

Es liegt daher nahe, den Brandstift­er bei jener Gruppe von Tatverdäch­tigen zu vermuten, die Bundesinne­nminister Thomas de Maizière gestern gegenüber Zeitungen der Funker-Mediengrup­pe so einordnete: Zwei Drittel der Tatverdäch­tigen aller 490 Straftaten gegen Asylbewerb­erunterkün­fte in diesem Jahr seien „Bürger aus der Region, die sich bisher nichts zuschulden kommen ließen“. Eine besorgnise­rregende Tendenz, zeigt sie doch, welch kriminelle Energie Fremdenang­st freisetzen kann.

Deutliche Worte findet Bürgermeis­ter Karl-Heinz Beck, wenn er von einem Verbrechen spricht, das Entsetzen ausgelöst habe und Abscheu verdiene. Dass in Oberteurin­gen Fremdenfei­ndlichkeit keinen Platz hat, zeigte die Mahnwache auf dem Martinspla­tz, an der sich am vergangene­n Samstag rund 200 Menschen beteiligte­n. Mancher hätte sich eine stärkere Beteiligun­g gewünscht. Im Leitartike­l des aktuellen Teuringer Amtsblatts macht der Bürgermeis­ter deutlich, dass alle gesellscha­ftlich relevanten Kräfte im Dorf an einem Strang ziehen: Gemeinderä­te, Parteien, Kirchen, Vereine, Organisati­onen.

Der Schultes dankt ausdrückli­ch allen, die „anpacken, spenden und mithelfen“, die große Herausford­erung der Unterbring­ung und Integratio­n von Flüchtling­en zu bewältigen. In Oberteurin­gen wie auch in anderen Kommunen sind das nicht wenige, wie Helferkrei­se mit Hunderten von Ehrenamtli­chen zeigen.

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FOTO: PR Bürgermeis­ter Karl- Heinz Beck bezieht im aktuellen Oberteurin­ger Amtsblatt klar Stellung.

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