Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Auf dem Wasser im Himmel
Der Ravensburger Fabian Mattes, aktuell deutscher Vizemeister im Windsurfen, will kommendes Jahr endlich zum ersten Mal den Titel holen
- Als ihm die Eltern im Türkeiurlaub einen Surfkurs sponsern, ist der zwölfjährige Fabian Mattes von der neuen Sportart gar nicht so sehr begeistert. „Meine ältere Schwester war besser als ich“, erzählt er. Zwei Jahre lang geht er nur sporadisch zum Surfen. Bis er am Badsee im Allgäu ein einschneidendes Erlebnis hat. „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, wenn man plötzlich an den Punkt kommt, an dem man das Brett voll kontrollieren kann und nicht mehr übers Wasser schippert, sondern wirklich gleitet“, sagt er.
Heute ist der mittlerweile 28-Jährige deutscher Vizemeister im Windsurfen. Seine Lieblingsdisziplin ist das Racing (siehe Kasten).
Mehr Raum gibt er dem Sport ab der neunten Klasse. „Damals habe ich ein Praktikum in einem Sportgeschäft in Konstanz gemacht. Und die haben mich dann gefragt, ob ich nicht für ihr Team Regatta fahren möchte“, erzählt Mattes.
Das ist auch die Zeit, in der das Internet für Mattes immer wichtiger wird. „Meine Freunde und ich haben täglich nach dem Wetterbericht geschaut und gewartet, wann endlich Sturmwarnung am Bodensee ist.“Und wenn der Wind den Bodensee zu ungewöhnlichen Zeiten heimgesucht hat, dann ist Mattes eben zu ungewöhnlichen Zeiten auf sein Surfbrett gestiegen. „Es kam schon auch vor, dass meine Mama mich morgens um vier zum Bodensee gefahren hat, damit ich noch vor der Schule eine Runde surfen kann“, sagt er.
Mattes packt die Leidenschaft. Ein Problem war das zum Beispiel beim Leichtathletiktraining. Denn Mattes war Stabhochspringer bei der LG Welfen in Weingarten. „Irgendwann hat mein Trainer gesagt, ich solle mich für eine der beiden Sportarten entscheiden. Denn sobald es angefangen hat zu winden, konnte ich mich einfach nicht mehr konzentrieren und bin nervös geworden.“
Er entscheidet sich fürs Surfen. Und zwar richtig. Um öfter auf dem Wasser sein zu können, zieht er für sein Ingenieurswissenschafts-Studium nach Kiel. Seine Frau, die er bei einem Wettbewerb auf der Norderney kennen gelernt hat, ist von Hessen mit an die Küste gezogen. „In Ravensburg ist Surfen eben eher ein aufwendiges Hobby.“Als echtem Ravensburger sei es ihm natürlich schwer gefallen, ganz in den Norden zu gehen. „Vor allem im Winter fehlen hier dann die Berge.“Auch Familie und Freunde aus dem Süden sieht Mattes durch seinen Umzug nicht mehr allzu oft. Ganz besonder freue es ihn deshalb, dass er in seiner Heimatstadt bereits drei Mal zum Sportler des Jahres gekürt worden ist. „Ich starte ja auch noch immer für den TSB Ravensburg.“
Heute könnte Mattes vom Surfen leben – deutschlandweit ist er bei Rennen meist unter den ersten fünf. Tut er aber nicht. „Ich brauche einfach auch ein bisschen was fürs Kognitive.“Mattes arbeitet neben dem Windsurfen bei Thyssen-Krupp in Kiel, seit sieben Monaten ist er außerdem Vater eines kleinen Sohns. Da noch täglich Surftraining unterzubringen, ist schwierig. In der Nebensaison trainiere ich schlicht nicht mehr so viel wie früher und am Wochenende kommt meine Frau mit unserem Sohn oft mit an den Strand“, erzählt er.
Mattes Surfer-Kollegen haben meist keinen anderen Job, sondern leben von Preis- und Sponsorengeldern. Auch sein größter Konkurrent, der amtierende deutsche Meister Vincent Langer, wegen dem Mattes seit Jahren der Stempel des ewigen Zweiten anhaftet. „Mein erklärtes Ziel für 2016 ist es, Vincent zu schlagen und endlich einmal Deutscher Meister zu werden.“Bei internationalen Rennen tritt der 28-Jährige gar nicht erst an. „Das wird dann mit Familie und Beruf wirklich schwierig“, sagt er. Dass er das schaffen kann, einmal Deutscher Meister zu werden, daran hat Mattes allerdings keinen Zweifel. „Ich habe viel Erfahrung. Außerdem war der jahrelange Leistungssport bei der LG Weingarten ein super Basistraining.“Auch, wenn er dabei manchmal ein wenig nervös geworden ist.