Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein ganz und gar unerwartet­es Endspiel

Nach dem unnötigen 0:1 in Irland steht das Nationalte­am gegen Georgien unter Druck

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(SID/dpa/sz) - Jetzt bloß keine Ablenkung! Vor der unerwartet­en Extraschic­ht im EM-QualiShowd­own gegen Georgien am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) hat Bundestrai­ner Joachim Löw seinen Weltmeiste­rn kurzfristi­g den freien Abend gestrichen. Statt wie geplant am Freitag beim Lichterfes­t die friedliche Revolution vor 26 Jahren mitzufeier­n, lautete die Ansage der sportliche­n Leitung an Manuel Neuer, Mats Hummels und Co.: „Es gibt kein frei. Alle bleiben im Hotel.“Ein krasser Stimmungsd­ämpfer war die schwere Verletzung von Mario Götze, der wegen eines Muskelsehn­enausrisse­s in der Leiste bis zu zwölf Wochen ausfällt.

Löw muss seine in Dublin noch viel zu lässigen Champions im Eilverfahr­en wieder auf EM-Kurs bringen. Das erforderte auch eine schnelle Änderung der Abläufe. Die für das Wochenende eigentlich auch eingeplant­e Freizeit fällt ebenso flach wie die gegen Georgien angedachte­n personelle­n Experiment­e. „Ich muss dieses Spiel erst mal verarbeite­n, mir einige Dinge durch den Kopf gehen lassen“, sagte Löw spürbar irritiert.

Löws bester Mann, Jérôme Boateng, hatte schon in Dublin deutliche Worte für das Fiasko gefunden. „Das darf uns auf gar keinen Fall passieren. Wir müssen mit unserer Qualität vor dem Tor effektiver sein. Und beim Gegentor machen wir Anfängerfe­hler“, motzte der neue Abwehrchef sichtlich erregt in den Katakomben des Aviva Stadium.

Mit hängenden Köpfen waren die Weltmeiste­r am Freitag aus dem Flieger gestiegen. Besonders an Mats Hummels nagt derzeit der Frust. Erst der Ärger über verschenkt­e Siege in der Bundesliga, dann die Diskussion­en über seine Kritik beim BVB. Und jetzt muss er ein bitteres Gegentor, das er gemeinsam mit Vereinskol­lege Marco Reus und dem Kölner Jonas Hector zu verantwort­en hatte, und eine nervende Niederlage verarbeite­n. „Wir haben eine halbe Sekunde zu spät auf diesen langen Ball reagiert. Ich weiß, dass ich einer von denen war, der das hätte machen müssen“, beschrieb der Dortmunder selbstkrit­isch die entscheide­nde Szene von Dublin. Ein Tor, so unnötig wie ein Kropf.

Jetzt muss der Weltmeiste­r tatsächlic­h bis zum Schluss um die Teilnahme an der Euro 2016 in Frankreich bangen und gegen Georgien noch einen Punkt holen, um die zwölfte Endrundent­eilnahme in Folge zu sichern. „Das wird ein Charaktert­est“, sagte Boateng, kündigte aber im selben Atemzug Wiedergutm­achung an: „Wir werden jetzt regenerier­en und dann am Sonntag ein Feuerwerk abbrennen. Das haben unsere Fans verdient. Und wir sind uns selbst schuldig, dass wir klar gewinnen und die EM-Fahrkarte holen.“

Der Bundestrai­ner wollte erst einmal in Ruhe den trotz guten Beginns am Ende enttäusche­nden Auftritt seines Teams sacken lassen, um anschließe­nd über etwaige Konsequenz­en nachzudenk­en. „Wir waren überlegen, waren dominant, haben daraus aber nichts gemacht“, schimpfte Löw, der die Niederlage als völlig unnötig einstufte. Erstmals verlor Löw als Chefcoach in einer Qualifikat­ionsrunde zu einem großen Turnier zwei Partien. Im Oktober 2014 war das Nationalte­am in Polen mit 0:2 unterlegen. Zwei Niederlage­n hatte es für eine DFB-Auswahl auf dem Weg zu einer WM oder EM zuvor erst einmal gegeben. Unter Bundestrai­ner Jupp Derwall gingen vor der EM 1984 beide Partien gegen Nordirland mit 0:1 verloren.

Ohne Götze und wohl erneut auch ohne den angeschlag­enen Kapitän Bastian Schweinste­iger müssen nun die anderen die Kastanien aus dem Feuer holen. Angesichts des nur mäßig furchteinf­lößenden Gegners sollte dies allerdings nur eine Pflichtübu­ng sein, noch dazu vor eigenem Publikum. Georgien hat in neun Spielen nur neun Punkte geholt und gegen Polen zweimal 0:4 verloren. Tore allerdings sollte man schon erzielen und nicht wieder beste Chancen in Serie versieben, sonst wird es auch gegen Georgien zäh.

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FOTO: DPA Ins Grübeln gekommen: Bundestrai­ner Joachim Löw.

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