Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kleinwagen mit großem Durst
Der neue Smart Forfour überzeugt allenfalls im Stadtverkehr – Der Fortwo dürfte die bessere Wahl sein
n der roten Ampel hat der Beifahrer die Nase voll. Leicht genervt sagt er mit sehnsüchtigem Blick auf die Karosse nebenan: „Wenn schon ein Auto dieser Klasse, dann eines wie das da, dann einen Fiat 500. Der hat Charme, der hat Charakter.“Autsch, Mercedes-Benz! Der Fan italienischen Designs trifft irgendwie den Punkt, auch wenn die Optik natürlich Geschmackssache ist. Ein Smart sollte spritzig und witzig sein, dieser neue Forfour aber ist es definitiv nicht. Er rollt mit seinen vier Türen wie ein normaler Kleinwagen daher, bei dem es hinten nur für Klappfenster gereicht hat. Klar, er ist ja auch der Zwillingsbruder vom Renault Twingo. Die Technik fällt weitgehend identisch aus, und zusammengebaut werden beide Autos in der gleichen Fabrik in Slowenien.
Doch beginnen wir mit den positiven Eigenschaften. Auch groß gewachsene Menschen freuen sich – zumindest vorn – über die passable Sitzposition. Der Fahrer fühlt sich nicht im Geringsten eingeschränkt. Die beinahe schon legendäre Handlichkeit des Hecktrieblers wurde dankenswerterweise in die neue Generation herübergerettet. Der kleine Wendekreis (8,65 Meter) bereitet Spaß, das zügige Umdrehen auf der Straße gerät zum Kinderspiel. Ebenfalls nichts zu meckern an der Straßenlage, sprich am Kurvenverhalten in der Stadt. Gokart-Gefühl macht sich breit, das entfernt an einen Mini erinnert. Im Testwagen ist zudem der feine Touchscreen verbaut, der auf jeden Fingerdruck sofort und präzise reagiert. Der Bordcomputer lädt derweil zum Spielen ein: Grafiken veranschaulichen beispielsweise, ob man besonders ökologisch oder vorausschauend unterwegs ist. Ob das einen tatsächlich weiterbringt, sei dahingestellt.
Die Bedienung ist einfach und logisch. Schade nur, dass fünf nicht ganz unwichtige Schalter unten links am Armaturenbrett versteckt wurden. Erst nach längerer Suche entdecken wir die dunklen Knöpfe in Knienähe, mit denen Spurhalte- und andere – sorry – nervende Assistenten ausgeschaltet werden können. Ohnehin darf über die Fähigkeiten des Autofahrers philosophiert werden, wenn ein knapp 3,50 Meter kurzes Auto eine Rückfahrkamera eingesetzt bekommt. Ein Smart-Lenker sollte schon die Fähigkeit besitzen, sein Wägelchen rückwärts ohne Helferlein einzuparken. Wer das nur mit Kamera schafft, sollte seinen Führerschein vielleicht zurückgeben – oder sich zumindest Sorgen wegen mangelnder Beweglichkeit machen.
Kommen wir zum DreizylinderBenziner, der aus einem Liter Hubraum 71 PS mobilisiert. Lautstärke und Laufruhe gehen in Ordnung. Ein Unterschied zu einem Vierzylinder ist nicht spürbar. Temperament buchstabiert sich aber auch in der Kleinwagenklasse anders. In der Stadt stört das naturgemäß nur wenig. Auf der Landstraße jedoch strapazieren Überholmanöver die Nerven. Gegenverkehr darf dann keines- falls in Sicht sein. Logisch, dass das Motörchen auch auf der Autobahn rasch an seine Grenzen stößt. Schnell an einem Laster vorbei? Na ja. Ohnehin sollten Autobahnen mit dem Forfour eher gemieden werden. Selten hat der Tester ein solch seitenwindempfindliches Auto gefahren.
All dies wäre ja noch in einem Kleinwagen akzeptabel, wenn sich der Smart mit Renault-Motor wenigstens als sparsamer Zeitgenosse entpuppen würde. Tut er aber leider nicht. Nein, wir ziehen hier keinen Vergleich zum VW-Abgasskandal, aber die versprochenen Werte sind nicht zu erreichen. Angeblich schluckt der Benziner im Durchschnitt 4,2 Liter. Doch selbst bei zartestem Streicheln des Gaspedals und schnellem Hochschalten des hakeligen 5-Gang-Getriebes sind wir nicht unter 5,3 Liter gekommen. Halbwegs zügig gefahren, verbraucht der Forfour zwischen 5,5 und sechs Liter. Solche Trinkgewohnheiten sind schlichtweg unerträglich in dieser Klasse.
Weitere Nörgeleien gefällig? Da drängt sich die Frage auf: Wozu überhaupt vier Türen? Hinter einen großen Fahrer passt so gut wie nichts mehr. Schiebt der Beifahrer seinen Sitz nach vorn, gibt es wenigstens für Kinder auf dem Weg zur Schule genügend Platz. Eigentlich nicht ungewöhnlich in einem Kleinwagen. Wer aber, wie immer wieder zu hören, von einem „Familienauto“fabuliert, ist schiefgewickelt – trotz aller Variabilität im Innenraum. Deshalb folgender Tipp: Wer den Smart wegen witziger Details mag, wer sich vorwiegend in der Stadt bewegt und einfach Spaß haben will, der sollte den Fortwo mit 90 PS nehmen. Damit kann man sich auch auf die Landstra- ße wagen. Allerdings muss das Girokonto gut gefüllt sein. Der kleine Smart ist eben doch auch ein Mercedes. 17 000 Euro kommen da rasch zusammen. Nur zum Vergleich: Der Twingo schlägt – je nach Ausstattung und aufpreispflichtigen Extras – mit rund 3500 Euro weniger zu Buche.