Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Wichtiges Signal aus Wien

- Von Ulrich Mendelin u. mendelin@ schwaebisc­he. de

Heinz-Christian Strache wollte Bürgermeis­ter von Wien werden. Aber die Wiener wollten ihn nicht. Zwar haben seine Rechtspopu­listen bei der Wahl in der österreich­ischen Hauptstadt noch einmal zugelegt, das erwartete Kopf-anKopf-Rennen war dann aber doch keines. Die Sozialdemo­kraten bleiben stärkste Kraft.

Das ist eine gute Nachricht – weit über Wien hinaus. Denn die Situation im Wahlkampf war angespannt. Die Flüchtling­skrise überlagert­e alle anderen Themen. Amtsinhabe­r Michael Häupl hätte versucht sein können, dem Populisten Strache seinerseit­s mit ausländerk­ritischen Positionen Stimmen abzujagen. Er hat es nicht getan und die Wahl dennoch gewonnen. Das ist ein Signal auch für deutsche Wahlkämpfe­r, die versucht sein könnten, mit wohlfeilen Forderunge­n nach einem „Aufnahmest­opp“oder „Grenze-dicht“-Parolen der Alternativ­e für Deutschlan­d den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Hätte Strache gewonnen, hätten jene (noch mehr) Aufwind verspürt, die vor allem immer dagegen sind: gegen Ausländer, gegen Muslime, gegen die EU, gegen „die da oben“. Diese Stimmung gibt es in vielen europäisch­en Ländern. In Frankreich wird sie bedient von Marine Le Pen, in Italien von der Lega Nord, in den Niederland­en von Geert Wilders. Sie alle behaupten, für den einfachen Mann auf der Straße zu sprechen, oder gleich für „das Volk“. Auch Strache sieht sich als derjenige, der den „normalen“Österreich­ern eine Stimme gibt. Ein prestigetr­ächtiger Sieg in der Hauptstadt eines EU-Mitgliedss­taates hätte Rechtspopu­listen in ganz Europa weiter gestärkt.

Deren Vormarsch, zu besichtige­n etwa bei der Wahl zum Europäisch­en Parlament 2014, ist eine Bedrohung für die EU. Gerade in der Flüchtling­spolitik fällt es schon jetzt schwer genug, eine gemeinsame Linie zu finden. Sollte sich der nationale Egoismus durchsetze­n, den Rechtspopu­listen wie Strache predigen, wäre das gerade für Deutschlan­d verheerend. Denn ohne Zusammenar­beit in Europa wird die Flüchtling­skrise ganz sicher nicht zu bewältigen sein.

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