Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Asyl: CDU-Jugend widerspricht Parteispitze
Löbel: „Kapazitätsgrenze überschritten“– Strobl, Wolf und Kauder gegen Aufnahmestopp
BAD SAULGAU (lsw) - Mit einer erneuten Forderung nach einem vorläufigen Aufnahmestopp von Flüchtlingen ist der Chef der Jungen Union (JU) im Südwesten bei führenden CDU-Politikern auf Kritik gestoßen.
„Wir haben unsere Kapazitätsgrenze schon längst überschritten“, sagte Nikolas Löbel am Samstag beim Landestag des CDU-Nachwuchsverbands in Bad Saulgau (Kreis Sigmaringen). Deutschland könne nicht weiter grenzenlos Menschen aufnehmen. Volker Kauder, Unionsfraktionschef im Bundestag, sowie CDU-Landeschef und -Bundesvize Thomas Strobl machten in ihren Reden dagegen deutlich, dass sie von Forderungen nach einem Aufnahmestopp wenig halten. Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) wiederum sprach von „einer Art Entgrenzung Deutschlands und Europas“.
„Es muss klar sein, dass das, was wir vorschlagen, auch machbar ist“, sagte Kauder. Weder Zäune noch eine Sicherung der Grenze durch Polizei und Bundeswehr seien eine Lösung: „Keine Stunde würde es die Mehrzahl der deutschen Bevölkerung aushalten, wenn Bilder kämen, wie Soldaten mit Knüppeln auf Frauen einschlagen, die mit ihren Kindern über die Grenze wollen.“Stattdessen verwies Kauder auf das geplante Asyl-Gesetzespaket. „Wer ein Bleiberecht hat, dem geben wir eine Perspektive.“Menschen ohne Bleiberecht müssten aber schnellstmöglich dieses Land verlassen. Ähnlich argumentierten Strobl und der CDUSpitzenkandidat für die Landtagswahl, Guido Wolf.
Stoiber sagte, er halte es für „unmöglich“, dass die Bundesrepublik und die Europäische Union gegenwärtig nicht wüssten, „wer zu uns kommt und wie viele zu uns kommen“. „Der Staat muss nicht nur das Staatsgebiet kennen, er muss auch die Menschen, das Staatsvolk, und alles, was dazugehört, kennen.“
Die rund 200 Delegierten bestätigten Löbel als Landeschef der CDU-Nachwuchsorganisation im Südwesten. Der 29-Jährige erhielt 84,2 Prozent der Stimmen. Er hat das Amt seit 2011 inne.
Neben der Flüchtlingsdebatte war die Landtagswahl im März 2016 Thema des JU-Landestags. Löbel attackierte die grün-rote Landespolitik – allen voran Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). „Da tritt ein altersschwacher Ministerpräsident zur Wiederwahl an. Und jeder von uns weiß: Der schafft keine fünf Jahre mehr.“
Für diese verbale Attacke bekam Löbel empörte Kritik von Grünen und SPD. CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf müsse den 29-Jährigen in die Schranken weisen, sagte Europaminister Peter Friedrich (SPD). „Besser noch: Er weist ihm die Tür. Wolf selbst hat für Anstand im Wahlkampf geworben. Offensichtlich ist die Verzweiflung so groß, dass man jetzt jede Scham verliert.“