Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Lukaschenko hat nicht genug vom Regieren
Bei der Wahl in Weißrussland sind die Gegner des autoritären Präsidenten chancenlos
MINSK (dpa) - Bei der Präsidentenwahl in Weißrussland hat der autoritäre Amtsinhaber Alexander Lukaschenko laut Wählerbefragungen mit über 80 Prozent der Stimmen gewonnen. Nach Schließung der Wahllokale am Sonntag um 20.00 Uhr Ortszeit (19.00 MESZ) ging die staatliche Agentur Belta in Minsk mit dieser Zahl an die Öffentlichkeit.
Belta berief sich auf Nachwahlbefragungen dreier Institute, die Lukaschenko bis zu 84,1 Prozent zuschrieben. In der Innenstadt von Minsk versammelten sich mehrere Dutzend Gegner des Präsidenten, um gegen die Wahl zu demonstrieren.
Lukaschenko (61) gab zuvor in der Hauptstadt seine Stimme ab. Die drei Gegenkandidaten hatten bei der Abstimmung keine Chancen. Die Bewerber Sergej Gajdukewitsch und Nikolai Ulachowitsch gelten als regimetreu. Der versprengten weißrussischen Opposition nahe steht nur Tatjana Korotkewitsch, die sich als erste Frau um die Präsidentschaft in Weißrussland bewirbt.
Lukaschenko regiert Weißrussland seit 1994 mit Polizeistaatsme- thoden. Bei der letzten Präsidentenwahl 2010 hatte er knapp 80 Prozent der Stimmen für sich reklamiert. Danach war es in Minsk zu Unruhen gekommen; Lukaschenko hatte Hunderte seiner Gegner festnehmen lassen. Die EU und die USA verhängten daraufhin Sanktionen. Als Zeichen einer entspannteren Atmosphäre bei dieser Wahl ließ die Polizei am Samstagabend eine nicht genehmigte Kundgebung der Opposition zu.
Trotzdem rechnet die neue Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch noch lange nicht mit einem Ende der Diktatur in ihrer Heimat. „Für die Freiheit braucht es freie Menschen und die gibt es noch nicht“, sagte die Weißrussin am Samstag in Berlin. Lukaschenko werde bei der Wahl in jedem Fall bestätigt werden. In Weißrussland komme es nach einem Spruch Stalins nicht darauf an, wer wähle, sondern wer die Stimmen auszähle.
In den Tagen vor der Wahl gaben mehr als 40 Prozent der sieben Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Dieses Verfahren gilt als anfälliger für Manipulationen.