Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kritik an Aufarbeitung von Gurlitt-Kunstfund
MÜNCHEN/HAMBURG (epd) - Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, ist enttäuscht von der Aufarbeitung des „Schwabinger Kunstfundes“des inzwischen verstorbenen NS-Kunsthändlersohns Cornelius Gurlitt. „Als die Taskforce 2013 gegründet wurde, waren viele Leute, auch ich, optimistisch“, sagte Lauder dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Man habe auf baldige Ergebnisse gehofft, doch die Arbeit der Taskforce sei weit davon entfernt, vollendet zu sein. Angesichts der Tatsache, dass erst zwei Bilder an jüdische Familien zurückgegeben worden seien, sagte der Weltkongress-Präsident: „Deutschland hätte mehr erreichen können und wird mehr erreichen müssen.“
Unterdessen will Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) laut „Spiegel“das heikle Erbe Gurlitts Ende 2016 in der Kunsthalle der Bundesrepublik in Bonn ausstellen. Darunter werden auch Werke sein, die womöglich jüdischen Vorbesitzern gehörten, also Raubkunst sein könnten. Grütters sagte, man müsse so eine Schau „mit Pietät vor den Opfern“machen, sie sei aber wichtig und diene weiterer Aufklärung. So könne man neue Spuren erhalten. Die Bundesregierung ist nämlich offenbar mit Umfang und Ergebnissen der Taskforce nicht zufrieden und will die weitere Provenienzforschung im Fall Gurlitt an eine neue Koordinierungsstelle in Magdeburg übergeben.
Cornelius Gurlitt besaß mehr als 1500 Bilder, bei rund einem Drittel lässt sich nicht ausschließen, dass es sich um NS-Raubkunst handelt. Bei Hunderten weiterer Objekte reichen die bisherigen Erkenntnisse für eine genaue Zuordnung noch nicht aus.