Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Hilfe, ich habe geerbt!
Was Anleger im Zinstief mit ihrem Geld anstellen sollten – Tipps für angehende Börsianer
MÜNCHEN - Wer heute erbt oder Geld aus der Lebensversicherung erhält, hat Mühe, das Kapital sicher und gewinnbringend anzulegen. Banken zahlen kaum noch Zinsen, Immobilien sind oft überteuert. Langfristig gute Renditen verspricht nur die Börse. So weist der deutsche Aktienindex Dax trotz aller Rückschläge eine Zehnjahresrendite von knapp acht Prozent auf. „Anleger müssen umdenken und ihre Unsicherheit gegenüber Wertpapieren überwinden“, fordert Daniel Schneider, Leiter Investing bei Comdirect. Börsensparen ist nicht ohne Risiko. Doch wer planvoll agiert, einen kühlen Kopf bewahrt und Anlagefehler vermeidet, dem winkt Erfolg.
Keine Renditegier
Anleger sollten nicht versuchen, mit dem Kauf hochspekulativer Einzelwerte Gewinne zu erzwingen. Das geht meist schief. Die Uni Frankfurt durchleuchtete 5000 Privatdepots und stellte fest, dass Sparer mit Vorliebe für Zockerpapiere bis zu zehn Prozent weniger Rendite erzielen als der Gesamtmarkt. Orientierung bieten Musterdepots oder Anlagetools seriöser Banken. Hilfreich sind zum Beispiel der „Investmentfinder“der Deutschen Bank, der „Anlageplaner“der Consorsbank oder die „Bessere Geldanlage“von Comdirect.
Weltweit streuen
Wer zu einseitig auf eine Wertpapierklasse oder eine Region setzt, der büßt im Schnitt vier Prozent Rendite ein, so die Auswertung der Uni. „Im Hinblick auf Anlageklassen und Länderauswahl sollte man das Depot breit aufstellen“, rät Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege der Deutschen Bank. Die ausgewogene Wertpapiermischung verstetigt Gewinne und verbessert die Renditechance. Allerdings ist eine breite Risikostreuung aufwendig und teuer. „Um beispielsweise den Dax nachzubilden, müssten Anleger 30 verschiedene Aktien in unterschiedlicher Gewichtung kaufen“, gibt Ale- xander Baumgart von der ING-Diba zu bedenken. Preiswerter sei der Kauf von Fonds, vor allem von Indexfond. Die sogenannten ETFs ermöglichen, den Dax oder den US-amerikanischen Dow Jones ohne Ausgabeaufschlag und für sehr geringe Jahresgebühren ins Depot zu legen. Tipp: Das Tool „Bessere Geldanlage“von Comdirect setzt vorrangig auf kostengünstige ETF.
Ruhig Handeln
Börsianer sollten nicht auf jede Kursänderung reagieren. Das wird teuer. Den besten Aus- bzw. Einstiegszeitpunkt erwischt man sowieso nicht. Tipp: Aktien und Fonds kaufen und diese zunächst laufen lassen. Korrigieren sollte man einmal jährlich die Depotzusammensetzung. Empfehlung: Zur Absicherung vorhandener Gewinne Stopps setzen. Das sind Verkaufsgrenzen unterhalb aktueller Kurse, bei deren Erreichen die Aktie automatisch verkauft wird. Das sichert vorhandene Gewinne bei plötzlichen Kurseinbrüchen. Faustregel: Substanzwerte erhalten den Stopp zwölf bis 15 Prozent unter dem aktuellen Kurs, stark schwankende Papiere 20 Prozent. Es ist besser, statt 50 Euro 50,12 Euro festzulegen – das erhöht die Verkaufschance zum anvisierten Limit. Verwenden sollte man Trailing-Stops, wie sie Comdirect und ING-Diba anbieten. Hier steigt das Verkaufslimit automatisch, wenn die Aktie klettert.
Verluste nicht aussitzen
Nicht zu lange an Verlustbringern festhalten. Ist ein Papier abgestürzt, sollte es verkauft werden. Zu bedenken ist, dass bei einem Kursverlust von 60 Prozent bereits ein Gewinn von 150 Prozent nötig ist, um das Minus auszugleichen. Empfehlung: Am besten stets die Rendite des Gesamtdepots und nicht die einzelner Anlagen betrachten.
Depotgebühren sparen
Hohe Kosten belasten den Anlageerfolg. Bei einem Depotwert von 50 000 Euro und einer Jahresgebühr von 1,0 Prozent kassieren Filialbanken bis zu 500 Euro. Dadurch geht jedes Jahr ein Prozent des Guthabens verloren. Viele Direktbanken verzichten ohne Wenn und Aber auf Depotgebühren, so die Consorsbank, DAB Bank, DKB und INGDiBa.