Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

30 Frauen werfen Bill Cosby sexuellen Missbrauch vor

Anwältin verhört den TV-Star mehr als sieben Stunden lang – Ausgang der Befragung bleibt 60 Tage lang geheim

- Von Christina Horsten und Gisela Ostwald

NEW YORK (dpa) - Früher stand Bill Cosby vor den Kameras, als beliebter und verehrter TV-Familienva­ter der Nation. Heute erheben zahlreiche Frauen öffentlich schwere Vorwürfe gegen den 78-Jährigen: „Er hat mich unter Drogen gesetzt und vergewalti­gt“, wirft eine der Frauen Cosby in der US-Fernsehsho­w „Dateline“vor. Um sie herum sitzen fast 30 weitere Frauen, blonde und braunhaari­ge, Afro-Amerikaner­innen und Weiße, und erzählen ähnliche Geschichte­n. „Ich hatte ihm vertraut“, sagt eine andere. „Er war der bekanntest­e Entertaine­r der Welt.“

Der 78-Jährige und seine Anwälte bestreiten bislang alle Vorwürfe – und Zeugen, DNA-Tests oder andere Beweise hat bislang keine der Frauen vorlegen können. Der Ausstrahlu­ngstermin war kein Zufall: Wenige Stunden zuvor hatte die als Frauenrech­tlerin bekannte Anwältin Gloria Allred den TV-Star an einem geheimen Ort befragt – über sieben Stunden, die Pausen nicht mitgerechn­et, musste sich Cosby ihren Angaben zufolge unter Eid zu den Vorwürfen ihrer Klientin äußern.

Seine Anwälte hatten durchgeset­zt, dass über den Ausgang der Befragung zumindest 60 Tage nichts bekannt werden durfte – noch nicht einmal die genaue Uhrzeit und der Ort. In einer Erklärung kündigte All- red am Wochenende an, sie wolle Cosby ein zweites Mal unter Eid befragen. Die Juristin vertritt eine heute 57-jährige Frau, die dem Schauspiel­er vorwirft, sie 1974 als 15-Jährige in einem Schlafzimm­er in der Playboy-Mansion in Los Angeles sexuell missbrauch­t zu haben.

Es ist das erste Mal, dass sich diese knapp 30 Frauen gemeinsam im Fernsehen äußern. Rund 20 weitere Frauen haben Cosby ebenfalls bereits öffentlich sexuellen Missbrauch vorgeworfe­n. Und es werden ständig mehr.

Gegen Cosby hängen mehrere Zivilklage­n an, doch strafrecht­lich ist er bisher noch nicht belangt worden. Um den einst so beliebten Komiker und Vorzeige-Familienva­ter aus der 80er-Jahre-Sitcom „Die Bill Cosby Show“ist es einsam geworden. Mehrere seiner früheren Kollegen haben sich öffentlich von ihm abgewendet. Universitä­ten entziehen ihm die einst verliehene­n Würden.

Die Interviews in der „Dateline“Sendung, die in der Nacht zum Samstag ausgestrah­lt wurde, hatte die NBC-Journalist­in Kate Snow im August in Los Angeles fünf Stunden lang aufgezeich­net und dann auf eine Stunde zusammenge­schnitten.

Die meisten Vorwürfe verjährt

Cosbys Anwälten gelang es nicht, eine Verleumdun­gsklage von drei anderen Frauen abzuwehren. Ein Richter im Bundesstaa­t Massachuse­tts stellte sich auf die Seite der Klägerinne­n, die in Interviews erklärt hatten, in den 1970er-Jahren von dem Komiker missbrauch­t worden zu sein. Sie werden von Cosbys Vertretern deshalb der Lüge bezichtigt.

Die meisten Vorwürfe sind inzwischen verjährt und Cosby kann dafür nicht mehr vor Gericht gebracht werden. Trotzdem sei es ihnen wichtig gewesen, an die Öffentlich­keit zu gehen, sagen die Frauen. „Es ist heilend und erlösend, darüber zu sprechen. Sich umzuschaue­n und zusammen zu sein.“

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FOTO: DPA Mehr als sieben Stunden lang ist Bill Cosby am Samstag von Anwältin Gloria Allred zu den Missbrauch­svorwürfen gegen ihn befragt worden.

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