Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bloß keine Millionen heiraten!
Oper Leipzig gastiert mit spritziger „Lustiger Witwe“im Graf-Zeppelin-Haus
FRIEDRICHSHAFEN - Selten sind sie geworden, die heiteren Operettenabende, und doch finden sie ein begeistertes Publikum, wenn sie so schwungvoll und mit lebendiger Komödiantik auf die Bühne gebracht werden wie in den Aufführungen der Musikalischen Komödie der Oper Leipzig am Wochenende. Franz Lehars Tanzoperette „Die lustige Witwe“stand am Samstagabend und Sonntagnachmittag im Graf-Zeppelin-Haus auf dem Programm, ein unbeschwertes Vergnügen.
Hatte die Staatsoperette Dresden vor Jahren die Operette in ein schäbiges Casino verlegt, wo Knarre und Messer gleich zur Hand waren, hat Regisseur Volker Vogel in Leipzig auf krampfhafte Aktualisierung verzichtet und statt dessen lieber mit amüsiertem Augenzwinkern dem Affen Zucker gegeben. Schmunzelnd betrachtet man die launig inszenierten Operettenposen. Ein Urkomiker darf Andreas Rainer als Kanzlist Njegus sein, wenn er sich etwa im weißen Tutu unter die Herren des Balletts mischt und sogar einige Schritte auf Spitze tanzt. Wie dressierte Hündchen kriechen die heiratswütigen Herren vor der millionenschweren Witwe und haben vor allem Augen für die Flut von Geldscheinen, die wie Volants unter ihrem schwarzen Etuikleid hervorquellen.
Während der Eiffelturm zu den ovalen Öffnungen der Pontevedrinischen Gesandtschaft hereinblickt, türmen sich drinnen vergilbte Aktenstapel, die sich als Sitz- und Liegegelegenheiten ebenso eignen wie als Tanzpodest. Im zweiten Akt sind die Akten verschwunden, eleganter ist Hanna Glawaris Palast, der sich zuletzt im roten Licht ins Maxim verwandelt. Bühnen- und Kostümbildner Dietrich von Grebmer hat die Dekoration in die Entstehungszeit der Operette verlegt. Weich fließende, lange Abendkleider unterstreichen die Reize der Damen, farbenfroh kleiden sich auch die Herren, die munter ihren amourösen Abenteuern frönen, während sie eifer- süchtig über die Tugend ihrer Angetrauten wachen. In schönen Bildern hat Mirko Mahr den Chor und die Ballettszenen choreografiert.
Über allem steht Lehars Musik, die unter der Leitung von Tobias Engeli spritzig aus dem Graben kommt. Feurig geht’s schon in die Ouvertüre, walzerselig erklingen Ohrwürmer wie „Lippen schweigen, ’s flüstern Geigen, hab mich lieb“, auf glitzernder Mondschaukel singt die begehrte Hanna Glawari die Märchenballade von Vilja, dem Waldvögelein. Souverän bewegt sich Lilli Wünschers „lustige Witwe“unter den Herren, die nur nach ihren Millionen trachten. Unbeirrt fängt sie den widerstrebenden Danilo ein, der sie liebt, aber vor ihrem Geld flieht. Kultiviert und leicht fließen ihr die Koloraturen von den Lippen, ebenso locker singt Nora Lentner als „anständ’ge“Valencienne. Buffo Jeffery Krueger pflegt als schmachtender Rossillon einen französischen Akzent, während Radoslaw Rydlewski als Graf Danilo ganz den soignierten Herren gibt, der zwar angekatert von nächtlichen Abenteuern kommt, aber doch stets die Contenance bewahrt – solange nicht seine Eifersucht geweckt wird. Nicht fehlen darf zum Happyend der flotte Cancan mit gicksenden Grisetten – endlich darf Graf Danilo seine geliebte Hanna in die Arme schließen, ohne als Mitgiftjäger in Verdacht zu kommen.