Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Astana, Amsterdam, Aus?
Die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass sich die Niederlande noch für die EM qualifizieren
AMSTERDAM (dpa/SID) - „O nee!“Der niederländische TV-Kommentator jammerte. Stunden nach dem 2:1Sieg von Oranje in Kasachstan war die Türkei soeben in Prag 1:0 in Führung gegangen, knapp 30 Minuten später stand ihr 2:0-Sieg bei den bereits für die Fußball-EM qualifizierten Tschechen fest. „Das war’s dann wohl“, stellten die Fußball-Experten am Samstagabend im Fernsehstudio fest. Zum ersten Mal seit 2002 wird ein großes Turnier wohl ohne die Niederländer stattfinden.
„Tschechien hat uns im Stich gelassen“, klagte zwar die Zeitung „De Telegraaf“am Sonntag, doch der WM-Dritte hatte den Abgang selbst verschuldet. Nur vier Siege waren in der Qualifikation für das Turnier im Sommer in Frankreich geglückt – und das in einer Gruppe mit Außenseitern wie Lettland, Island oder eben Kasachstan. Am Stand der Gruppe A hat sich durch den Sieg nichts geändert. Island und Tschechien sind durch, Oranje steht weiter hinter den Türken auf Platz vier. Die Mannschaft von Nationaltrainer Fatih Terim braucht am Dienstag gegen Island nur noch einen Punkt, um bei den EM-Play-offs dabei zu sein.
Viel Kritik musste am Wochenende der ohnehin schon umstrittene Bondscoach Danny Blind einstecken, weil er Torjäger Robin van Persie erst drei Minuten vor dem Ende einwechselte. „Das macht man nicht mit einem van Persie“, schimpfte etwa Bochums Trainer Gertjan Verbeek. Angreifer van Persie von Fenerbahce Istanbul, der für den Schal- ker Klaas-Jan Huntelaar eingewechselt wurde, bestritt sein 100. Länderspiel – als Last-Minute-Einwechselspieler. „Es ist die Entscheidung des Bondscoaches. Ich kann nur sagen, dass ich fit bin. Aber es geht nicht um mich, sondern um die Mannschaft. Und die hat gewonnen“, sagte der langjährige England-Legionär. Immerhin hielt Oranje-Kapitän Wesley Sneijder in der Umkleidekabine eine Ansprache für seinen Teamkollegen. „Das habe ich richtig genossen“, berichtete van Persie. Verbeek kann derweil die Entscheidung von Blind, van Persie so spät zu bringen, nicht nachvollziehen: „Eine solche Auswechslung dient ausschließlich dazu, den Spielrhythmus des Gegners zu stören. Dazu benutzt man aber nicht van Persie. Der 100. Länderspieleinsatz sollte ein Fest sein.“Ein Fest war der Sieg in Astana – für Oranje trafen Georginio Wijnaldum (33.) und Sneijder (50.), Islambek Kuat verkürzte kurz vor dem Abpfiff (90.+5) – ohnehin nicht.
Um nun überhaupt noch eine Chance auf die Qualifikation zu haben, muss Blinds Truppe morgen zu Hause gegen Tschechien gewinnen. Astana, Amsterdam, Aus? Es könnte das letzte Mal sein, dass Blind auf der Bank sitzt. Nach dem erzwungenen Abschied von Guus Hiddink nach weniger als nur einem Jahr war das Vertrauen in den früheren Ajax-Spieler vom Start an nicht sonderlich groß, nun droht das Scheitern. Und Aktionen, wie jene in Astana mit van Persie, steigern seine Sympathiewerte gewiss auch nicht.