Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Streit um Transitzon­en

SPD lehnt Unionsplan zur Prüfung von Asylanträg­en ab

- Von Andreas Herholz

BERLIN (dpa) - Die Transitzon­enPläne der Union reißen mitten in der Flüchtling­skrise tiefe Gräben in der schwarz-roten Koalition auf. Führende Sozialdemo­kraten lehnten am Montag vehement das Vorhaben ab, viele Asylbegehr­en direkt an den deutschen Grenzen zu prüfen.

Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) sagte, wer Transitver­fahren von Flughäfen auf Landesgren­zen übertragen wolle, schaffe „Massenlage­r im Niemandsla­nd“. Derweil se- hen Kanzleramt­sminister Peter Altmaier (CDU) und Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) darin eine Möglichkei­t, auf steigende Flüchlings­zahlen zu reagieren.

Auch der CDU-Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl in Baden-Württember­g, Guido Wolf, lobte den Konsens in der Union zu Transitzon­en. Ihre Einrichtun­g würde es ermögliche­n, „Verfahren in Grenznähe zügig abzuwickel­n“, teilte Wolf am Montag mit.

BERLIN - Die Union will Transitbe-reiche für Flüchtling­e an den deutschen Grenzen einrichten. Darauf verständig­ten sich am Montag die CDU-Chefin Angela Merkel und der CSU-Vorsitzend­e Horst Seehofer. Der neue Flüchtling­skoordinat­or der Bundesregi­erung, Peter Altmaier (CDU), kündigte eine Entscheidu­ng der Großen Koalition über die Einrichtun­g derartiger Zonen schon in den nächsten Tagen an.

Die SPD lehnt dies allerdings bisher ab. Bundesjust­izminister Heiko Maas sprach am Montag von einem „fatalen Signal“und warnte vor „Massenlage­rn im Niemandsla­nd“. Maas hält die Pläne für nicht realisierb­ar. „Zehntausen­de Flüchtling­e an der Grenze in Haft zu nehmen, schafft mehr Probleme als es löst“, sagte der SPD-Politiker. SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann sprach gar von „Haftanstal­ten“, die es mit den Sozialdemo­kraten nicht geben werde.

„Das Vorhaben des Chefs des Bundeskanz­leramtes, Transitzon­en an der deutsch-österreich­ischen Grenze einzuricht­en, ist ein absoluter Irrweg“, erklärte auch der SPDInnenex­perte Christian Flisek. Eine Übertragun­g des Flughafenv­erfahrens auf die 815 Kilometer lange Landesgren­ze zu Österreich sei weder praktikabe­l noch asylrechtl­ich vertretbar. „Von Sigmar Gabriel habe ich die Zusage, dass Transitzon­en mit der SPD nicht zu machen sind“, erklärte Flisek. SPD-Generalsek­retärin Yasmin Fahimi dagegen wollte den Vorschlag nicht grundsätzl­ich ablehnen.

Wie genau diese Einrichtun­gen aussehen sollen, wie viele es davon wo genau geben würde und genaue Details sind bisher nicht bekannt. „Die Transitzon­en müssten grenznah errichtet werden und müssten so ausgestatt­et sein, dass sie für einen vorübergeh­enden Aufenthalt geeignet sind, um das beschleuni­gte Verfahren durchzufüh­ren“, erklärte der innenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion Stephan Mayer (CSU). Dort sollten lediglich Flüchtling­e untergebra­cht werden, die entweder aus sicheren Herkunftss­taaten kämen oder offenkundi­g kein Recht auf Asyl hätten.

CSU drängt auf schnelle Einigung

CSU-Chef Seehofer drängte auf eine schnelle Verständig­ung von Union und SPD in dieser Frage und kündigte ein Gespräch mit Merkel und dem SPD-Vorsitzend­en Sigmar Gabriel an. Transitzon­en für Flüchtling­e seien zwar „nicht das eine Mittel, das alle Probleme löst“, ließ die Kanzlerin am Montag über ihren Regierungs­sprecher Steffen Seibert erklären. Doch könnten sie einen Beitrag dazu leisten, Ordnung in die Flüchtling­saufnahme zu bringen. Merkel verteidigt­e erneut ihre Linie in der Flüchtling­spolitik. Die schwindend­e Zustimmung in der Bevölkerun­g für ihren Kurs und die sich verschlech­ternden Werte in den Meinungs- umfragen nimmt die Regierungs­chefin offenbar gelassen: „Umfragen sind nicht mein Maßstab“, sagte sie.

Für sie gehöre es „zur grundlegen­den Menschlich­keit unseres Landes, dass man einem Flüchtling wie jedem anderen Menschen erst einmal freundlich entgegentr­itt“, sagte sie in einem Interview der Bild-Zeitung.

„Fluchtursa­chen können wir nur mit globalen Anstrengun­gen bekämpfen“, erklärte Merkel und bekräftigt­e ihre Auffassung, dass es keine Obergrenze bei der Zuwanderun­g von Asylbewerb­ern geben könne: „Wer sagen will, jetzt ist Schluss, der muss auch Schluss machen können, und das geht nicht so einfach.“

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FOTO: DPA Syrische Flüchtling­e kommen im österreich­ischen Grenzort Julbach an. Nach den Plänen der Union könnten bald an den deutschen Grenzen Transitzon­en für Asylbewerb­er entstehen.
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