Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Streit um Transitzonen
SPD lehnt Unionsplan zur Prüfung von Asylanträgen ab
BERLIN (dpa) - Die TransitzonenPläne der Union reißen mitten in der Flüchtlingskrise tiefe Gräben in der schwarz-roten Koalition auf. Führende Sozialdemokraten lehnten am Montag vehement das Vorhaben ab, viele Asylbegehren direkt an den deutschen Grenzen zu prüfen.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte, wer Transitverfahren von Flughäfen auf Landesgrenzen übertragen wolle, schaffe „Massenlager im Niemandsland“. Derweil se- hen Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) darin eine Möglichkeit, auf steigende Flüchlingszahlen zu reagieren.
Auch der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Baden-Württemberg, Guido Wolf, lobte den Konsens in der Union zu Transitzonen. Ihre Einrichtung würde es ermöglichen, „Verfahren in Grenznähe zügig abzuwickeln“, teilte Wolf am Montag mit.
BERLIN - Die Union will Transitbe-reiche für Flüchtlinge an den deutschen Grenzen einrichten. Darauf verständigten sich am Montag die CDU-Chefin Angela Merkel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer. Der neue Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Peter Altmaier (CDU), kündigte eine Entscheidung der Großen Koalition über die Einrichtung derartiger Zonen schon in den nächsten Tagen an.
Die SPD lehnt dies allerdings bisher ab. Bundesjustizminister Heiko Maas sprach am Montag von einem „fatalen Signal“und warnte vor „Massenlagern im Niemandsland“. Maas hält die Pläne für nicht realisierbar. „Zehntausende Flüchtlinge an der Grenze in Haft zu nehmen, schafft mehr Probleme als es löst“, sagte der SPD-Politiker. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sprach gar von „Haftanstalten“, die es mit den Sozialdemokraten nicht geben werde.
„Das Vorhaben des Chefs des Bundeskanzleramtes, Transitzonen an der deutsch-österreichischen Grenze einzurichten, ist ein absoluter Irrweg“, erklärte auch der SPDInnenexperte Christian Flisek. Eine Übertragung des Flughafenverfahrens auf die 815 Kilometer lange Landesgrenze zu Österreich sei weder praktikabel noch asylrechtlich vertretbar. „Von Sigmar Gabriel habe ich die Zusage, dass Transitzonen mit der SPD nicht zu machen sind“, erklärte Flisek. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi dagegen wollte den Vorschlag nicht grundsätzlich ablehnen.
Wie genau diese Einrichtungen aussehen sollen, wie viele es davon wo genau geben würde und genaue Details sind bisher nicht bekannt. „Die Transitzonen müssten grenznah errichtet werden und müssten so ausgestattet sein, dass sie für einen vorübergehenden Aufenthalt geeignet sind, um das beschleunigte Verfahren durchzuführen“, erklärte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Stephan Mayer (CSU). Dort sollten lediglich Flüchtlinge untergebracht werden, die entweder aus sicheren Herkunftsstaaten kämen oder offenkundig kein Recht auf Asyl hätten.
CSU drängt auf schnelle Einigung
CSU-Chef Seehofer drängte auf eine schnelle Verständigung von Union und SPD in dieser Frage und kündigte ein Gespräch mit Merkel und dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel an. Transitzonen für Flüchtlinge seien zwar „nicht das eine Mittel, das alle Probleme löst“, ließ die Kanzlerin am Montag über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert erklären. Doch könnten sie einen Beitrag dazu leisten, Ordnung in die Flüchtlingsaufnahme zu bringen. Merkel verteidigte erneut ihre Linie in der Flüchtlingspolitik. Die schwindende Zustimmung in der Bevölkerung für ihren Kurs und die sich verschlechternden Werte in den Meinungs- umfragen nimmt die Regierungschefin offenbar gelassen: „Umfragen sind nicht mein Maßstab“, sagte sie.
Für sie gehöre es „zur grundlegenden Menschlichkeit unseres Landes, dass man einem Flüchtling wie jedem anderen Menschen erst einmal freundlich entgegentritt“, sagte sie in einem Interview der Bild-Zeitung.
„Fluchtursachen können wir nur mit globalen Anstrengungen bekämpfen“, erklärte Merkel und bekräftigte ihre Auffassung, dass es keine Obergrenze bei der Zuwanderung von Asylbewerbern geben könne: „Wer sagen will, jetzt ist Schluss, der muss auch Schluss machen können, und das geht nicht so einfach.“