Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Land will Opfer von Straftaten besser schützen
„Weisser Ring“und Innenministerium kooperieren
STUTTGART - Der Opferhilfeverband „Weisser Ring“und das Innenministerium wollen enger zusammenarbeiten. Anlässlich des ersten landesweiten Tags des Opferschutzes unterzeichneten beide Seiten einen Kooperationsvertrag. Ein Schritt hin zu einer besseren Unterstützung von Opfern sind lokale Netzwerke zwischen der Polizei und den 38 Außenstellen des Weissen Rings im Land, die eingerichtet werden sollen. Für Erwin Hetger, Vorsitzender des Weissen Rings, ist das aber noch nicht genug. Er fordert Rückzugsräume für Opfer an Gerichten und mehr Gewaltambulanzen im Land.
Der Tag des Opferschutzes ist einer von 100 Vorschlägen, die die zweite Opfer- und Zeugenschutzkommission 2013 erarbeitet hat. Einiges sei seitdem umgesetzt worden. Mit der Polizeireform bekam etwa jedes Präsidium eine Abteilung für Prävention, erklärt Innenminister Reinhold Gall (SPD), denn Strafverfolgung, Prävention und Opferhilfe seien „ein wichtiger Dreiklang“.
Nachholbedarf bei Justiz
„Wir wollen durch den Tag des Opferschutzes die Öffentlichkeit für die Anliegen der Opfer sensibilisieren“, erklärt Erwin Hetger, der auch in der Opfer- und Zeugenschutzkommission mitgearbeitet hat. Deren Ergebnisse seien für ein „opferfreundliches Klima“ausreichend, müssten aber nun konsequent umgesetzt werden. Besonders drängend seien Koordinatoren für den Opferschutz in der Justiz, wie es sie bei der Polizei bereits gebe, sagt Hetger der „Schwäbischen Zeitung“. In Gerichten müsse sensibler mit Opfern umgegangen werden. „Opfer sollten etwa einen Raum haben, wohin sie sich zurückziehen können“, fordert Hetger.
Zudem brauche es flächendeckend Gewaltambulanzen wie die an der Universitätsklinik in Heidelberg, wohin sich Frauen nach einer Vergewaltigung wenden können. Und Hetger macht sich stark für häufigeren Täter-Opfer-Ausgleich, bei dem Opfer und Täter mithilfe von Mediatoren gemeinsam die Straftat aufarbeiten. „Das ist die beste Lösung, besser als jede Strafe“, so Hetger.
Der Tag des Opferschutzes soll in jährlichem Wechsel von Innen-, Integrations-, Sozial- und Justizministerium veranstaltet werden. Wenn 2016 das Justizministerium Gastgeber ist, wünscht sich Hetger einen Kooperationsvertrag mit der Justiz.