Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Menschen, die um ihr Leben laufen, lassen sich nicht aufhalten“
Die Unionsparteien haben sich auf die Einrichtung von Transitzonen geeinigt. An den Grenzen sollen demnächst Flüchtlinge ohne Aussicht auf Bleiberecht gleich wieder zurückgewiesen werden. Der Koalitionspartner SPD lehnt diese Pläne jedoch entschieden ab. Rasmus Buchsteiner hat dazu mit Ralf Jäger (Foto: dpa), SPD-Innenminister von NordrheinWestfalen, gesprochen.
Die Bundesregierung will an den Grenzen „Transitzonen“schaffen. Ein sinnvoller Vorschlag?
Der Vorschlag ist ein Schnellschuss. Denn es gibt derzeit noch viel zu viele unbeantwortete Fragen. Das Kanzleramt muss jetzt erst mal ein belastbares Konzept vorlegen. Schließlich betraf das Flughafenverfahren, das als Grundlage genommen wird, im vergangenen Jahr gerade einmal 700 Menschen. Zurzeit kommen in NRW mehr Flüchtlinge an – jeden Tag. Also, ich bin sehr skeptisch, ob das so umsetzbar ist. Außerdem lassen sich Menschen, die um ihr Leben laufen, nicht von Transitzonen, Zäunen oder Grenzen aufhalten.
Wären solche Transitzonen mit dem Grundgesetz vereinbar?
Wir werden darüber nochmal reden, wenn das Konzept aus Berlin auf dem Tisch liegt. Ich halte Transitzonen verfassungsrechtlich für höchst bedenklich.
Wie viel Verständnis haben Sie für das Vorgehen Bayerns in der Flüchtlingskrise?
Das rhetorische Poltern „Bayern gegen den Rest der Welt“hilft niemandem weiter. Alle Bundesländer stehen derzeit vor der gleichen gewaltigen Herausforderung, die Menschen, die zu uns kommen, vernünftig unterzubringen. Bayern kann nicht Recht und Gesetz von anderen einfordern und sich selbst nicht daran halten.
Hat die Bundesregierung nach dem letzten Flüchtlingsgipfel ihre Hausaufgaben gemacht?
Allein die Durchhalteparole „Wir schaffen das“reicht längst nicht. Deshalb haben alle Innenminister der Kanzlerin am Sonntag sehr deutlich gemacht, dass unsere Betreuungsorganisationen und Kommunen an der Grenze des Leistbaren sind. Noch schaffen wir es, die Menschen unterzubringen. Aber die Bundesregierung muss mehr Tempo machen und mehr Unterstützung bereitstellen.