Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Russische Raketen kreuzen Flugroute
Flugsicherheitsagentur EASA sieht jedoch aktuell kein Risiko für Passagiermaschinen
RAVENSBURG - Die von Russland im syrischen Bürgerkrieg eingesetzten Marschflugkörper haben die Fluglinien alarmiert. Das russische Militär feuerte vor wenigen Tagen erstmals von Kriegsschiffen im Kaspischen Meer aus Cruise Missiles auf Ziele in dem Bürgerkriegsland. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) teilte nun den Airlines am Montag in einer Sicherheitsinformation mit, dass die Raketen Irak und den Iran überfliegen würden.
So passierten sie die wichtigste Flugroute nach Nahost und in den Süden Asiens, schreibt die EASA. Jedoch würden die Raketen Marschflugkörper vom Typ Kaliber unterhalb der Flughöhe der Passagiermaschinen fliegen. Eine spezielle Empfehlung spricht die EASA daher nicht aus. Sie will diese Information, falls erforderlich, jedoch ergänzen.
„Ein unmittelbares Risiko besteht nicht“, sagte am Montag EASA-Mitarbeiter Ilias Maragakis der „Schwä- bischen Zeitung“. Der Grund: Die russischen Cruise Missiles stiegen normalerweise nicht höher als 200 Meter auf, der kommerzielle Luftverkehr bewege sich jedoch in etwa zwölf Kilometern Höhe. Das bestätigte auch ein anonymer Mitarbeiter der Luftfahrtbranche der Agentur Interfax in Moskau: „Die russischen Raketen stellen keine Bedrohung für Flugzeuge dar, weil sie viel niedriger als die Untergrenze fliegen, um vom Radar nicht erfasst zu werden.“
Die Diskussion weckt Erinnerungen an die Tragödie des Flugs MH17 im Juli 2014. Damals erklärten Behörden den Luftraum über der Ukraine oberhalb von 9750 Metern als sicher. Das Air-Malaysia-Flugzeug flog 250 Meter darüber – und wurde dennoch von einer Rakete getroffen, 298 Menschen starben. „Die Situation ist in keiner Weise mit der Lage in der Ostukraine im Juli 2014 vergleichbar“, bekräftigt Maragakis jedoch.
Daher ist auch die Lufthansa aktuell nicht beunruhigt. „Es besteht derzeit keine Erkenntnis, dass wir diese Lufträume sperren“, sagte Konzern- sprecher Boris Ogursky. „Unsere Flugsicherheitsexperten stehen in engem Kontakt mit den Behörden.“Passagiermaschinen der Lufthansa flögen in zehn bis 13 Kilometern Höhe – weit über den russischen Marschflugkörpern.
Air Berlin fliegt zwar auf dem Weg nach Abu Dhabi weiter über Iran, einer Sprecherin zufolge aber ebenfalls mit „genügend Flughöhe“. Daher sehe man keine Veranlassung, diese Route zu ändern.
Ein Unternehmen reagiert bereits
Air France hingegen hat die Sicherheitsinformation beherzigt. „Momentan fliegt Air France nicht über Jemen, die Ostukraine, Syrien, den Irak und Libyen“, hieß es in einer Erklärung der französischen Airline.
„Als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme hat die Sicherheitsabteilung von Air France eine Pufferzone zwischen der No-Fly-Zone und den Routen der Flugzeuge verhängt.“Das Unternehmen will alle Empfehlungen umsetzen, um das Risiko in Konfliktzonen zu reduzieren.