Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ravensburg startet in die Kultursaison
Fünf Kulturhäuser bieten Erlesenes in Sachen Tanz, Theater und Musik
RAVENSBURG - In fünf Häusern ist die Stadt am Samstag in ihre Kultursaison gestartet. „Los!“ging es im Ravensburger Konzerthaus, im Schwörsaal und in der Zehntscheuer mit einer Hip-Hop-Tanzperformance, einem hochkarätigen Jazz-Trio und den „Poems of the rocks“als einmalige, nur an diesem einen Abend zu erlebenden Aufführungen. Das Figurentheater und das Theater Ravensburg boten dagegen Einblicke in ihr laufendes Programm.
Den Reiz für die vielen Besucher von „Los!“machte die Vielfalt und die Professionalität aus. Im Figurentheater waren es Szenen aus „Ein Schaf fürs Leben“, im Theater Ravensburg standen Jutta Klawuhn und Alex Niess in der Komödie „Eltern – Für Kinder nicht zu empfehlen“auf der Bühne. Bequem ließ es sich von einem Kulturhaus in das andere tingeln, wo es zu jeder vollen Stunde für 30 Minuten etwas Neues zu sehen gab.
So entstand weder Hektik, noch das Gefühl etwas zu verpassen. Auch wenn sich die Auswahl auf maximal drei Aufführungen beschränkte. Genügend Raum zu haben, um sich auf die Darbietungen einlassen zu können, spielte dabei eine wichtige Rolle. Wenn im Konzerthaus die sechs Tänzer der aus Ludwigsburg angereisten Meethiphop Community in Aktion treten. Mit drei zehnminütigen Modern Dance-Stücken, choreographiert von Carina Clay und Denny Hartmann.
Die zuckenden, um sich selbst wirbelnden, zappelnden und zeitgetakteten Bewegungen der Akteure zu barocken Klängen und Neuer Musik setzen sich mit dem Leben in einer hochtechnisierten Welt auseinander. Weder um Effekt, noch um Showglamour ging es Hip-Hop-Dancer Misha Buchner, der immer wieder ins Stocken geriet, so als wolle er nach dem Warum oder Wozu fragen, um er sich schließlich im Bühnennebel auflöst. Eindrückliche Szenen hinterließen Larry King, Nico Dittgen und Jasmin Bachia in „White Lines“. Kings Gefangensein und seine Befreiungsversuche aus den gespannten Schnüren machten still und nachdenklich.
Wenn sich jemand Altmeister an Saxophon und Oboe nennen darf, ist es der Jazzmusiker Paul McCandless. Er kam auf Einladung von Jazztime Ravensburg, zusammen mit Gitarrist Samo Salamon und dem geradezu überirdisch agierenden Schlagzeuger Roberto Dani.
Stoisch und unbeeindruckt
Atmosphärische Klangwelten, die auf experimenteller Ebene gern auch Anleihen an Punk- und Hardrockrhythmen wagen, ist das Metier des Trios. Stoisch und unbeeindruckt gibt sich hierin Multiinstrumentalist McCandless, wechselt übergangslos zwischen Oboe und Sopransax zu Fusionrhythmen eines der talentiertesten jungen Gitarristen. Und im Falle von Roberto Dani ist es nicht nur das derwischartige Streichen der Drums. Er ist ein optischer Fixstern.
Nach diesem Ausflug in berückende Sounds des Jazz holten die „Poems of the rocks“die ausgebuchte Zehntscheuer wieder auf den erdigen Boden vergangener Rockzeiten zurück. Jo Jung stand hier als Frontmann mit Sänger Jörg Krauß und vier Instrumentalisten auf der Bühne und übersetzte Rockklassiker von Peter Gabriel, Paul Simon oder Bachman Turner Overdrive ins Deutsche. Melodien, die oft gedankenlos mitgesummt werden, gaben sich in ihrer ganzen Blöße zu erkennen. „You ain’t seen nothing yet“, „Fifty ways to leave your lover” oder die Geschichte von den Teppich-Kriechern, den „Carpet Crawlers”, rollte die Band auf im Wechsel zwischen Gesang und Übersetzung, was gelegentlich in etwas schrille Schieflage geriet. Was dagegen Keyboarder Edgar Müller und Drummer Helmut Kipp als Soli boten, war berauschend.