Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Es geht um die Zukunftsfähigkeit unserer Kinder“
RAVENSBURG Nicht nur auf die technischen Voraussetzungen kommt es bei der geplanten Digitaloffensive an Schulen an. Auch die Nutzung der Medien will gelernt sein, sagt Professor Michael Henninger (Foto: oh) von der Pädagogischen Hochschule Weingarten im Interview mit Sarah Schababerle:
Wie sind die Schulen in BadenWürttemberg digital ausgestattet?
Eine Vielzahl von Schulen ist bereits mit WLan und entsprechender digitaler Infrastruktur ausgestattet. Es gab ja im Land die Bildungsoffensiven 1 und 2, das ist allerdings schon einige Zeit her. Es kommt jetzt darauf an, wie die jeweiligen Landkreise und Schulträger die Prioritäten setzen. An vielen Schulen wird die Infrastruktur durch diese Maßnahme nicht weiter verbessert. Aber es gibt zahlreiche Schulen, vor allem Grundschulen, in denen die Ausstattung noch nicht bereitgestellt ist. Hier fällt die Initiative auf fruchtbaren Boden.
Dabei sind doch manche Schulgebäude sanierungsbedürftig.
Die Infrastruktur auf der baulichen Ebene ist eine ganz andere Baustelle. Aus meiner Sicht geht es um die Zukunftsfähigkeit unserer Kinder, und da würde ich einen Schwerpunkt setzen. Die digitalen Inhalte sind wichtiger, als die baulichen Defizite in Schulgebäuden.
Welche Chancen und Risiken bietet die digitale Infrastruktur?
Das Thema digitale Bildung hat sich in den letzten zehn Jahren ziemlich abgenutzt. Es wurde unter dem Thema E-Learning malträtiert, und es ist immer weiter in den Hintergrund geraten. Aber es ist natürlich kein altes Thema. Wenn Sie die Stichworte Industrie 4.0 und die globalen Trends anschauen, dann ist es klar, dass sich Deutschland und sein Bildungssystem diesen Inhalten nicht verschließen können. Und ich glaube, dass durch diese Initiative das Thema auf der Agenda wieder weiter nach vorne rückt.
Inwiefern stellt das die Lehrer vor Herausforderungen?
Es ist nicht damit getan, dass Lehrer wissen, wie ein Tablet oder Facebook funktioniert. Facebook hat bei manchem Lehrer dazu geführt, dass er sein Schülermanagement anders organisiert, aber es gehört mehr dazu. Zum Beispiel mediendidaktische oder IT-spezifische Qualifikationen. Das ist keine Standardkompetenz des baden-württembergischen Lehrers, da gibt es Nachholbedarf. Diese Initiative ist gut, weil sie möglicherweise dafür sorgt, dass das digitale Lernen an den Hochschulen und Schulen wieder wichtiger wird. Diese Inhalte sind so wichtig, dass sie im Lehrplan stehen müssen. Wir müssen unsere Lehrer mit diesen Inhalten auch systematisch qualifizieren. Im Moment geschieht da zu wenig.