Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kressbronner Winzer haben Glück
Unwetter am 30. Juli verhagelt teilweise die Traubenernte – Warmes Wetter ist die Rettung
KRESSBRONN - „Das ist wirklich ein spannendes Jahr“, sagt Martin Steinhauser, Inhaber der gleichnamigen Weinkellerei sowie Gründer und Vorsitzender der Kressbronner Weinerzeugergemeinschaft, mit Blick auf die diesjährige Weinlese. Und die hätte nach dem Hagelunwetter am 30. Juli schlimm ausgehen können, wenn nicht in den vergangenen Wochen das Wetter so mitgespielt hätte. Doch durch den kontinuierlichen Sonnenschein gehen die acht Kressbronner Winzer von einem „entspannten Durchschnittsjahrgang“aus. Bis kommende Woche soll die Ernte abgeschlossen sein.
Rückblick: Es ist Samstagabend, 30. Juli, kurz nach 18 Uhr. Dunkel und gefährlich sieht die Wolkenfront aus, die von der Argen kommend Richtung Kressbronn zieht und mit der Hagel auf ein beträchtliches Gebiet niederprasselt. Es war wie eine Schneise, die von Betznau über Berg reichte und weiter nach Nitzenweiler und Poppis ging – die Reben links und rechts vom Gasthof Max und Moritz erwischte es besonders. „Hier haben wir teilweise zwischen 50 und 70 Prozent Ausfall“, berichtet Winzer Daniel Strohmaier. Und Martin Steinhauser ergänzt: „Das Unwetter kam einfach recht spät – zu nah an der Weinlese.“
Trauben vertrocknen und fallen ab
Doch die Kressbronner haben wenigstens ein bisschen Glück: Denn durch das warme und sonnige Wetter beginnen die betroffenen Weintrauben nicht zu faulen, sondern vertrocknen und fallen ab. Ansonsten hätte den Winzern nämlich auch noch die Essigfliege einmal mehr zu schaffen gemacht, aber „die hatten wir ganz gut im Griff“, so Daniel Strohmaier. Und: Alle anderen Reben in den übrigen Gebieten stehen sehr gut da, was ebenfalls zu einer guten Ernte beiträgt.
Wollte die Weinerzeugergemeinschaft zunächst erst in der vergangenen Woche mit der Weinlese beginnen, mussten Martin Steinhauser und sein Team schließlich doch schon vorvergangene Woche „Feuerwehr spielen“, wie er berichtet: An den Trauben, die durch das Unwetter betroffen waren, war teilweise die Beerenhaut braun geworden – aber das Fleisch innen war noch grün. „Das ist nicht weiter schlimm, sondern nur ein Schönheitsfehler – aber wenn es innen dann auch noch braun wird, hätten wir ein richtiges Problem gehabt“, so Martin Steinhauser.
Sein Kellermeister Markus Zimmer-Kleiner ist seit Tagen mehr oder weniger Tag und Nacht im Einsatz, geht oft erst um 3 Uhr in der Früh schlafen, um die Trauben so schnell wie möglich zu verarbeiten. „Viel Schlaf bekomme ich im Moment wirklich nicht“, gibt der junge Mann mit einem Schmunzeln zu. Und auch die Winzer haben ordentlich zu tun, haben sie doch teilweise parallel auch noch die Apfelernte zu bewältigen. „Zum Glück helfen die Familie und viele Freunde und Bekannte mit“, zeigt sich Joseph Glatthar erfreut. Für die Weinlese sei es wichtig, dass es nicht regnet, denn sonst würde Wasser mit in die Maschinen laufen, in denen der Oechslegrad, der Zuckergehalt, gemessen wird. „Und das würde das Ergebnis verfälschen.“
Beim Müller-Thurgau liegt die Ernte heuer zwischen 78 und 91 Oechslegraden, beim Kerner zwischen 81 und 100, beim Grauburgunder zwischen 87 und 92 und beim Spätburgunder zwischen 83 und 93. „Die Weinqualität ist auf jeden Fall schon jetzt wesentlich besser als wir erwartet haben“, so Zimmer-Kleiner.