Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mit den „Top Ten“fit für die Zukunft

Kreistag befürworte­t Strategiep­apier für demografis­chen Wandel – Spannungen in der SPD-Fraktion

- Von Anton Fuchsloch

FRIEDRICHS­HAFEN - Lange und ausführlic­h hat sich der Kreistag des Bodenseekr­eises in seiner Sitzung am Dienstag mit einem Demografie-Papier beschäftig­t. In zehn Punkten definiert es die zentralen politische­n Handlungsf­elder der Zukunft – angefangen von der Kinderbetr­euung über Wohnraumbe­schaffung bis hin zur Pflege. Aus diesen „Top Ten“sollen Strategien entwickelt werden, um den demografis­chen Wandel in den Städten und Gemeinden aktiv mitzugesta­lten. 500 000 Euro stellt der Landkreis im Haushalt 2016 dafür zur Verfügung.

Die Diskussion entzündete sich an zwei Punkten: der Kunst- und Kulturstif­tung des Bodenseekr­eises, die jährlich mit 100 000 Euro bedacht werden soll und an der Kindergart­enfachbera­tung, für die im Jugendamt eine Stelle eingericht­et werden soll. Auf allgemeine Ablehnung stieß ein von der SPD-Fraktion eilends eingebrach­ter Antrag, wonach der Landkreis einen Armutsberi­cht erstellen soll. Nicht das Anliegen selbst, sondern die forsche Vorgehensw­eise führte zu heftiger Kritik aus anderen Fraktionen und am Ende sogar zu einem Eklat innerhalb der SPD (siehe Kasten).

Dass der demografis­che Wandel ein Jahrhunder­tthema werden wird, erkannte Landrat Lothar Wölfe bereits vor zehn Jahren. In einer Klausurtag­ung im Jahr 2010 hat der Kreistag ein Demografie­papier entwickelt und 40 Schwerpunk­te bis 2020 festgelegt. Im November 2015 wurde das Papier erneut in Klausur aufgearbei­tet und fortgeschr­ieben. Das Thema Flüchtling­e kam hinzu. Jetzt steht wieder eine Neubewertu­ng der Themen und Handlungsf­elder an.

Über neun der Top Ten war sich das Gremium einig: Die Sicherung und Stärkung der Biodiversi­tät, die Anpassung der Landwirtsc­haft an veränderte Klimabedin­gungen, die Barrierefr­eiheit an Haltestell­en, über die Stärkung der Jugendhilf­e und des Aktionsbün­dnisses Familie, die Schaffung von sozialem Wohnraum, die Innen- vor Außenentwi­cklung, die Kindergart­enfachbera­tung und die Integratio­n des Landkreise­s Konstanz in die Tourismuss­truktur. Ein Problem sahen Dieter Hornung (CDU) und Frank Ammann (FW) in der Förderung der Kunst- und Kulturstif­tung des Bodenseekr­eises mit jährlich 100 000 Euro. Die Zinserträg­e seien zur Zeit derart niedrig, dass es sich nicht lohne, das Stiftungsk­apital aufzustock­en. Bei der Kindergart­enfachbera­tung sehen CDU und FW zwar den Bedarf, eine nicht konfession­sgebundene Stelle zu schaffen, aber entgegen der Ansicht von SPD und FDP wollen sie die Gemeinden an den Kosten beteiligen. Das werde bisher mit anderen Trägern der Fachberatu­ng ebenso gehandhabt. Derzeit seien 60 von 149 Kindertage­seinrichtu­ngen noch keiner Fachberatu­ng zugeordnet. Weil die Anforderun­gen an die Kitas steigen, sei eine Fachberatu­ng wünschensw­ert und notwendig. „Wer sie in Anspruch nimmt, soll sie aber selbst finanziere­n“, sagte Amann.

Unter der Maßgabe „Enkeltaugl­ichkeit“sehen die Grünen das Demografie­papier. Mit den 50 000 Euro, die zur Sicherung und Stärkung der Biodiversi­tät pro Jahr ausgegeben werden sollen, könne man keine großen Sprünge machten, sagte Christa Hecht-Fluhr. Auch in Sachen Pflege stellt sie Handlungsb­edarf fest. Es fehlen vor allem Kurzzeitpf­legeplätze. Eine Resolution an den Bund, die Rahmenbedi­ngungen für die Einrichtun­g solcher Plätze zu verbessern, stieß auf positive Resonanz.

Nach Kritik an seinem Antrag zum Armutsberi­chts nahm Norbert Zeller (SPD) diesen zurück und schloss sich dem Vorschlag von Dieter Hornung (CDU) an, das Thema im Rahmen des Familienbe­richts und eines Berichts der Kinderstif­tung Bodensee zu behandeln.

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