Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein Leben in Schwarz für das Chanson
Heute feiert die französische Sängerin Juliette Gréco ihren 90. Geburtstag
(AFP) - Als „Muse“der Existenzialisten ist sie bekannt geworden: Heute feiert die französische Sängerin Juliette Gréco 90. Geburtstag. Nicht nur in Frankreich, auch in Deutschland, den USA und Japan hat sich die Sängerin mit Chansons wie „L’accordéon“und „Déshabillezmoi“einen Namen gemacht.
In ihrer Autobiografie „Je suis faite comme ça“(„So bin ich eben“) von 2012 erzählt sie von ihrer Jugend in den frühen 1940er-Jahren, die von der Nazi-Besatzung geprägt ist. Grécos Mutter und ihre Schwester sind im Widerstand aktiv. Mit 15 Jahren wird auch Juliette von der Gestapo festgenommen. Ihre Mutter und ihre Schwester werden ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert, beide überleben.
Juliette schlägt sich alleine durch und landet nach ihrer Freilassung im Pariser Künstlerviertel Saint-Germain-des-Prés, wo sie mit Freunden singt, tanzt und über das Leben diskutiert. Es ist die Geburtsstunde des Existenzialismus. Und es ist JeanPaul Sartre, der sie in einem Kellerlokal entdeckt und einen der ersten Liedtexte für sie schreibt.
Juliette Gréco prägt in diesen Jahren einen eigenen Stil: mit schwarzer Männerhose und Pulli, schwarzen Haaren und dickem Lidstrich. Aus der Not der Nachkriegsjahre geboren, bleibt die Sängerin diesem Outfit treu: „Schwarz lässt Raum für das Imaginäre“, sagt sie der „Zeit“2015. „Ich fühlte mich wie eine schwarze Tafel, auf die das Publikum schreiben durfte, was sie wollte.“
So populär wie die Chanson-Legende Edith Piaf wird Juliette Gréco allerdings nie. Ihre Lieder gelten als zu politisch oder zu intellektuell.
In Beziehungsdingen probiert Juliette Gréco vieles aus: sie macht Erfahrungen mit Männern wie mit Frauen und heiratet dreimal. Seit 1988 lebt sie in dritter Ehe mit dem Pianisten und Komponisten Gérard Jouannest zusammen. Aus erster Ehe mit dem Schauspieler Philippe Lemaire hat sie eine Tochter.
1959 tritt die Chansonnière auch in Deutschland auf, als eine der ersten Französinnen nach dem Krieg. Mit Tränen in den Augen habe sie damals gesungen und an Mutter und Schwester in Ravensbrück gedacht, erinnert sie sich.
Im vergangenen Jahr ist es still geworden um die Sängerin. Nach einem Schlaganfall im Frühjahr 2016 muss sie ihre Abschiedstournee abbrechen. „Ich habe keine Angst zu sterben“, hat Juliette Gréco der „Zeit“vor zwei Jahren gesagt. „Ich habe nur Angst, mit dem Singen aufzuhören. Aber man muss wissen, wann eine Sache zu Ende ist. Und man muss vorher aufhören.“