Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Chemieunfall war menschliches Versagen
Firma Schenker verlädt in Lindauer Ladestraße immer wieder wassergefährdende Stoffe
- Menschliches Versagen soll die Ursache für den Chemieunfall in der Ladestraße gewesen sein. Das teilt das Landratsamt Lindau mit. Die Firma Schenker brauche für das Verladen und die Lagerung wassergefährdender Stoffe auf dem Bahngelände keine Genehmigung. Allerdings soll bei künftigen Unfällen verhindert werden, dass Chemikalien in den See gelangen. Der Bund Naturschutz (BN) wird die Firma Schenker vorerst nicht anzeigen.
In einem Ortsgespräch haben sich Mitarbeiter des Landratsamts und Vertreter des Wasserwirtschaftsamts sowie der Firma Schenker darauf geeinigt, dass die Kanalschächte in der Ladestraße beim Verladen von Chemikalien in Zukunft mit magnetischen Schachtabdeckungen verschlossen werden. Das soll verhindern, dass bei einem erneuten Unfall ätzende oder schädliche Chemikalien direkt in den Bodensee gelangen. „Weitere Anforderungen sind von Rechts wegen nach der Anlagenverordnung nicht möglich“, schreibt das Landratsamt auf Anfrage der SZ.
Rückblick: Ende Dezember waren rund 250 Liter der ätzenden und explosiven Chemikalie Bronopol in der Ladestraße ausgelaufen. Mitarbeiter der Firma Schenker hatten beim Verladen ein Tausend-Liter-Fass beschädigt. Wenige Liter Bronopol waren über die Kanalisation bis ins direkt angrenzende Naturschutzgebiet geflossen.
Beim Ortsgespräch zwischen Schenker, Landratsamt und Wasserwirtschaftsamt wurde offenbar, dass in der Ladestraße immer wieder Gebinde mit wassergfährdenden Stoffen umgeschlagen werden. „Dieser Betrieb bedarf keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung“, erklärt das Landratsamt. Auch das Gebäude der Firma Schenker, in dem die Stoffe verladen und gelagert werden, erfülle die Anforderungen der Anlagenverordnung. Die Zwischenlagerung von Gefahrgütern erfolge auf mobilen Auffangwannen, Bindemittel zum Auffangen von Flüssigkeiten seien vorhanden.
Von nichts gewusst
„Der Unfall beruht letztendlich auf menschlichem Versagen, weil beim Abladen vom Lastwagen mit dem Hubstapler der zugelassene Transportbehälter beschädigt wurde und dann die Flüssigkeit über den Lkw in die Ladestraße gelaufen ist“, schreibt das Landratsamt. „Bei uns hat niemand gewusst, dass in der Ladestraße solche Stoffe gelagert und verladen werden“, sagt Landratsamtssprecherin Sybille Ehreiser. Die Firma Schenker betreibe seit 1896 ein Umschlaglager in den Lagerhallen der Bahnanlagen, Unterlagen darüber gebe es im Landratsamt nicht. „Es handelt sich um Bahnanlagen, die auch noch bis heute förmlich so gewidmet sind.“
Strafrechtlich wird das Landratsamt nicht tätig, weil die Polizei im diesem Fall schon von Amts wegen ermittle. Auch der BN, der kurz nach dem Chemieunfall mit einer Anzeige gegen die Firma Schenker gedroht hatte, hält die Füße still. „Wir vertrauen darauf, dass vonseiten des Landratsamts alles ordnungsgemäß gelaufen ist“, sagt BN-Kreisvorsitzender Erich Jörg im Gespräch. Wie die nach dem Chemieunfall ausgesehen hat, sehen Sie im Video auf