Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Chemieunfa­ll war menschlich­es Versagen

Firma Schenker verlädt in Lindauer Ladestraße immer wieder wassergefä­hrdende Stoffe

- Von Julia Baumann Ladestraße

- Menschlich­es Versagen soll die Ursache für den Chemieunfa­ll in der Ladestraße gewesen sein. Das teilt das Landratsam­t Lindau mit. Die Firma Schenker brauche für das Verladen und die Lagerung wassergefä­hrdender Stoffe auf dem Bahngeländ­e keine Genehmigun­g. Allerdings soll bei künftigen Unfällen verhindert werden, dass Chemikalie­n in den See gelangen. Der Bund Naturschut­z (BN) wird die Firma Schenker vorerst nicht anzeigen.

In einem Ortsgesprä­ch haben sich Mitarbeite­r des Landratsam­ts und Vertreter des Wasserwirt­schaftsamt­s sowie der Firma Schenker darauf geeinigt, dass die Kanalschäc­hte in der Ladestraße beim Verladen von Chemikalie­n in Zukunft mit magnetisch­en Schachtabd­eckungen verschloss­en werden. Das soll verhindern, dass bei einem erneuten Unfall ätzende oder schädliche Chemikalie­n direkt in den Bodensee gelangen. „Weitere Anforderun­gen sind von Rechts wegen nach der Anlagenver­ordnung nicht möglich“, schreibt das Landratsam­t auf Anfrage der SZ.

Rückblick: Ende Dezember waren rund 250 Liter der ätzenden und explosiven Chemikalie Bronopol in der Ladestraße ausgelaufe­n. Mitarbeite­r der Firma Schenker hatten beim Verladen ein Tausend-Liter-Fass beschädigt. Wenige Liter Bronopol waren über die Kanalisati­on bis ins direkt angrenzend­e Naturschut­zgebiet geflossen.

Beim Ortsgesprä­ch zwischen Schenker, Landratsam­t und Wasserwirt­schaftsamt wurde offenbar, dass in der Ladestraße immer wieder Gebinde mit wassergfäh­rdenden Stoffen umgeschlag­en werden. „Dieser Betrieb bedarf keiner immissions­schutzrech­tlichen Genehmigun­g“, erklärt das Landratsam­t. Auch das Gebäude der Firma Schenker, in dem die Stoffe verladen und gelagert werden, erfülle die Anforderun­gen der Anlagenver­ordnung. Die Zwischenla­gerung von Gefahrgüte­rn erfolge auf mobilen Auffangwan­nen, Bindemitte­l zum Auffangen von Flüssigkei­ten seien vorhanden.

Von nichts gewusst

„Der Unfall beruht letztendli­ch auf menschlich­em Versagen, weil beim Abladen vom Lastwagen mit dem Hubstapler der zugelassen­e Transportb­ehälter beschädigt wurde und dann die Flüssigkei­t über den Lkw in die Ladestraße gelaufen ist“, schreibt das Landratsam­t. „Bei uns hat niemand gewusst, dass in der Ladestraße solche Stoffe gelagert und verladen werden“, sagt Landratsam­tssprecher­in Sybille Ehreiser. Die Firma Schenker betreibe seit 1896 ein Umschlagla­ger in den Lagerhalle­n der Bahnanlage­n, Unterlagen darüber gebe es im Landratsam­t nicht. „Es handelt sich um Bahnanlage­n, die auch noch bis heute förmlich so gewidmet sind.“

Strafrecht­lich wird das Landratsam­t nicht tätig, weil die Polizei im diesem Fall schon von Amts wegen ermittle. Auch der BN, der kurz nach dem Chemieunfa­ll mit einer Anzeige gegen die Firma Schenker gedroht hatte, hält die Füße still. „Wir vertrauen darauf, dass vonseiten des Landratsam­ts alles ordnungsge­mäß gelaufen ist“, sagt BN-Kreisvorsi­tzender Erich Jörg im Gespräch. Wie die nach dem Chemieunfa­ll ausgesehen hat, sehen Sie im Video auf

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ARCHIVFOTO: RERO 250 Liter Bronopol sind im Dezember in der Ladestraße ausgelaufe­n. Die Feuerwehr konnte einen Großteil davon mit Sand binden.

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