Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Setzen uns dieses Jahr hohe Ziele“
470er-Segler Simon Diesch und Philipp Autenrieth wollen zur Weltspitze aufschließen
- Simon Diesch (22 Jahre) vom Württembergischen Yacht-Club segelt seit einem Jahr mit Philipp Autenrieth als Vorschoter im 470er. Im Oktober gelang den beiden ein erster großer Erfolg, sie wurden Deutsche Meister in dieser olympischen Bootsklasse. Ab Montag segeln sie beim Euro-Cup in Palma de Mallorca. Volker Göbner sprach mit Simon Diesch.
Simon, kannst Du Dich noch an Deine ersten Segelerfahrungen erinnern?
Das geht ganz weit zurück. Aus Erzählungen weiß ich, dass ich – bedingt durch meine Familie, speziell meinen Vater als Olympiasieger – schon sehr früh aufs Schiff geschleppt wurde. Noch im Babysafe liegend hat man mich an den Großbaum gebunden, damit ich endlich Ruhe gebe.
Und an die eigenen Segelerfahrungen?
Da war ich fünf, das war im Opti meiner Cousine. Ich war damals ein Wahnsinnsschisser als Segler. Sobald sich ein Blatt bewegt hat, war ich nicht mehr aufs Wasser zu kriegen und bin in Tränen ausgebrochen. Die Devise meiner Mutter lautete: Ich musste draußen sein, bevor irgendein Segel geschlagen hat. So habe ich angefangen mit dem Segeln.
Wie ging es dann weiter?
Mühsam, schwierig. Ich musste mich quasi dazu zwingen, aufs Wasser zu gehen. Wenn ich dann draußen war, hat es jede Menge Spaß gemacht. Ich habe mich erstaunlicherweise immer sehr schnell zurechtgefunden und habe sehr schnell Trainingsgruppen übersprungen. Ich wusste zu dem Zeitpunkt aber natürlich nicht, wie ich es angestellt hatte. Mir selber hat es irgendwann auch Spaß gemacht. Als ich dann tatsächlich zum ersten Mal gekentert bin, war die Angst auch passé und ich habe eine Riesenfreude am Segeln bekommen.
Wir machen einen Sprung in die Gegenwart. Du segelst 200 Tage im Jahr, was machst Du an den anderen 165 Tagen?
Ich studiere Jura an der Uni in Konstanz. Das fünfte Semester habe ich beendet. Die Zwischenprüfung für das Grundstudium habe ich nach dem vierten Semester abgelegt. Ins Schwerpunktstudium Wirtschaftsrecht mit dem Fokus Unternehmen und Finanzen habe ich gerade so reingefunden. Der Vorteil meines Studiums sind sehr viele Freiräume. Ich muss es mir selber einteilen, so lässt sich nun der Spitzensport relativ gut mit dem Studium kombinieren.
Du wurdest erneut in die Riege der Preisträger der Herzog-Carl-Stiftung berufen. Wie oft wurdest Du da schon ausgezeichnet?
Ich bin im neunten Jahr in Folge Stiftungsempfänger. Es ist ein Ansporn, jedes Jahr aufs Neue zu diesem Kreis zu gehören. Meines Wissens ist die Herzog-Carl-Stiftung einzigartig in Deutschland, eingerichtet von Herzog Carl vor 31 Jahren. Ein Komitee im Verein entscheidet über die Vergabe an ambitionierte und talentierte junge Sportler, um diese finanziell zu unterstützen und den Eltern Last abzunehmen Das ist jedes Jahr eine neue Ehre, da berufen zu werden. Das ist für mich wie für den Verein etwas ganz Besonderes.
Ihr seid amtierender Deutscher Meister im 470er. Was sind eure Ziele für die Saison 2017?
Wir sind ein neues Team. Für das Jahr Nach Olympia haben wir dennoch bereits hohe Ambitionen. Wer 2020 ganz oben stehen will, darf damit nicht erst 2018 oder 2019 anfangen. Wir haben uns dieses Jahr hohe Ziele gesetzt: Natürlich die Verteidigung des nationalen Titels, wir wollen bei den 470er-Herren die Nummer eins in Deutschland sein. International gilt es, die Lücke nach oben zu schließen. Die ersten 20 der Weltrangliste – wir stehen gerade in den 40er-Plätzen – sollen greifbar sein.
Um ins Segeln einzusteigen, ist nicht besonders viel Geld erforderlich. Der WYC stellt beispielsweise seinen jungen Anfängern die Optimisten-Jollen für geringes Entgelt zur Verfügung. Wie hoch ist euer Budget für die 470er-Kampagne?
Das Budget für einen Optimisten fließt bei uns wahrscheinlich alleine in einen Satz Segel. Wir sind viel unterwegs. Wir reden für ein ganzes Jahr Olympia-Kampagne im 470er von einer sechsstelligen Summe, von 100 000 Euro für Boot, Material, Unterkünfte, Trainer und Reisekosten. Da kommt so einiges zusammen.
Woher kommt das Geld für die Kampagne?
Große Unterstützung erhalten wir von unseren Sponsoren. Wir haben gerade mit Develey Senf und Feinkost einen neuen Sponsor an Bord genommen, langjährig an unserer Seite stehen Abus und Ultramarin sowie Julbo oder Ultrasport als Ausrüster. Bei unserem Bekleidungsausrüster Musto müssen wir noch abwarten, welche Rahmenverträge der DSV abschließt. Aber auch unsere Vereine, der Württembergische Yacht-Club wie auch der Bayerische Yacht-Club, unterstützen uns finanziell kräftig. Wir kommen auch nicht ohne die Unterstützung unserer Eltern aus. Hin und wieder finden wir auch einen Mäzen. Natürlich hilft auch das Geld aus der Förderung der Herzog-Carl-Stiftung. 100 000 Euro wollen für die Kampagne erst gesammelt werden.