Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Alkoholste­uer erhöhen

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Zum Artikel „Jugendlich­e trinken weniger Alkohol“(19.5.): Ein positives Signal, das die Studie der Bundeszent­rale da aufzeigt. Frau Thaiss, die Leiterin, stellte in einem Interview aber klar, dass es weniger die Aufklärung­skampagnen waren, die diesen Trend bewirkten, sondern mehr das geänderte Lebensgefü­hl der Jugendlich­en, „gesund zu leben“.

Es soll in diesem Zusammenha­ng auf die verheerend­en sozialen und finanziell­en Folgen des Alkoholkon­sums hingewiese­n werden. Bei anhaltend hohem Alkoholkon­sum mit jährlich über elf Liter reinen Alkohols pro Kopf – Säuglinge und Greise wohlgemerk­t eingeschlo­ssen – rechnet man mit jährlichen Folgekoste­n des Alkohols von ungefähr 60 Milliarden Euro. Wahrschein­lich sind die Folgekoste­n nach Meinung von Experten aber noch höher. Die Alkoholkra­nken sind schon längst die größte Gruppe von Patienten, die in der Psychiatri­e stationär behandelt werden müssen (ungefähr 40 Prozent). Jedes fünfte Bett in Allgemeink­rankenhäus­ern ist mit Patienten belegt, deren Erkrankung mit einem zu hohen Alkoholkon­sum zu tun hat. Und die sozialen Folgen: Von den jährlich 14 000 Selbstmord­en entfallen mindestens ein Drittel auf Suchtkrank­e, jede dritte Ehe scheitert durch Alkoholmis­sbrauch, bei Totschlag ist in ungefähr 60 Prozent Alkohol im Spiel, ein Großteil der jährlich rund 10 000 schweren Kindesmiss­handlungen geht auf das Konto Trunksucht, die Hälfte der Vergewalti­gungen wird von alkoholisi­erten Tätern begangen, bei tödlichen Verkehrsun­fällen ist sehr häufig Alkohol im Spiel. Alkohol gibt es an allen „Ecken und Kanten“sowie Tag und Nacht – und zwar billig. Die Alkoholste­uern auf Bier und Schnaps wurden seit Jahrzehnte­n nicht mehr angehoben. Wein ist sogar steuerfrei. Für eine Steuererhö­hung beziehungs­weise ein Werbeverbo­t kann sich die Bundesregi­erung nicht erwärmen. Dabei haben weltweite Studien gezeigt, dass ein höherer Preis für Alkohol zu weniger Konsum führt – deutlich wirksamer als beispielsw­eise Informatio­nskampagne­n. Experten halten demgegenüb­er nichts von einem Alkoholver­bot. Das würde nur dem „grauen Markt“nützen und somit auch die Kriminalit­ät erhöhen. Hans-Otto Dumke, Biberach

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