Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Barocke Sinnenfreude
Musikalische Wallfahrt: Trossinger Hochschule präsentiert „Die Pauernkirchfahrt“
- Eigentlich hätte man sich zu Fuß aufmachen müssen, um den Dreifaltigkeitsberg über Spaichingen zu erwandern und die prächtige Aussicht, die obligatorische Klosterwirtschaft und die lichtdurchflutete Barockkirche mit dem Marienrelief am Hochaltar zu genießen. Doch auch musikalisch lässt sich so eine Wallfahrt abbilden: mit dem Vokalund Instrumentalensemble des Instituts für Alte Musik kehrten Studierende und Dozenten der Musikhochschule Trossingen zum wiederholten Mal in der Dreifaltigkeitskirche ein.
Lorenz Duftschmid, der renommierte österreichische Gambist und Professor, hatte ein Programm rund um den böhmischen Komponisten Heinrich Ignaz Franz Biber und seinen Kollegen am Hof des Olmützer Fürstbischofs, Paul Josef Vejvanovský, zusammengestellt: Festliche Repräsentationsmusik, ein klangfarbenreiches Schlachtengemälde in der „Battalia“von Biber, ein eindringliches Requiem auf die in der Schlacht Getöteten, die Wallfahrt eines Überlebenden und ein Ausklang formten das schön abgerundete Programm.
Ideale Klangverbindung
Die schwingende Phrasierung der Barockmusik ist den Mitgliedern des international besetzten Ensembles des 17.. Jahrhunderts bereits in Fleisch und Blut übergegangen. Der silbrig weiche Klang der Streicher, der feine Untergrund von Laute, Theorbe und Cembalo oder Orgel sowie die hellen Fanfarenklänge der Naturtrompeten gingen in der Kirche eine schöne Verbindung ein.
Ebenso charaktervoll wie unterhaltsam war die neunstimmige „Battalia“von Biber. Da konnte man sich doch eine recht ungehobelte Gesellschaft von Soldaten und Musketieren vorstellen, die in einem der Sätze gleichzeitig unterschiedliche Lieder zu einer Kakophonie verwandelten. Kernstück des Konzerts war das Requiem von Biber mit dem schönen Wechsel von Chor und aus dem Ensemble heraustretenden Solostimmen: Jan van Elsacker, der belgische Tenor und Dozent für Gesang in Trossingen, hatte das zwölfstimmige Vokalensemble vorbereitet und reihte sich selbst unter die Sänger ein.
Bibers Textbehandlung im Miteinander von „altem“Chorstil und neuer solistischer Gestaltungspraxis war stimmig und ausdrucksvoll herausgearbeitet. Ähnlich farbig gestalteten die jungen Musiker jenes Werk, das dem Konzert den Titel gegeben hatte: „Die Pauernkirchfahrt“mit geselligem Aufbruch, einer frommen Wallfahrtsmelodie samt transzendenter Entrückung und fröhlichem Nachtanz im Gasthaus: barocke Sinnenfreude zum sonnigen Feiertag.