Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Der letzte Befehl für den Goldschatz
Ende der Dienstzeit für die Weltraumsonde Lisa Pathfinder – Tür für Messung von Gravitationswellen geöffnet
- Lisa Pathfinder ist verstummt und kreist in den ewigen Jagdgründen des Alls um die Sonne – auf einem sicheren Orbit, wie die Europäische Weltraumagentur ESA mitteilt. Auch wenn der Raum dort oben schier unendlich und das Material äußerst wertvoll ist, gelte es, Weltraumschrott zu vermeiden. An Bord der Wissenschaftssonde befindet sich das Lisa-Technologiepaket (LTP) von Airbus aus Immenstaad mit zwei jeweils fast zwei Kilogramm schweren Kugeln aus einer Gold-Platin-Legierung. Die frei schwebenden Testmassen wurden zur Messung von Gravitationswellen verwendet.
Die Wissenschaftler feiern die am 3. Dezember 2015 gestartete Mission als „großen Erfolg“. Mit Lisa Pathfeinder sei der Weg zur Entwicklung großer Weltraum-Observatorien, die Gravitationswellen von einer Vielzahl exotischer Objekte im Universum nachweisen können, geebnet, heißt es aus dem Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam.
Nachdem die Sonde nun auch letzte Hardware-Tests erfolgreich bestanden hat, wurde sie am 18. Juli vom Missionsteam im Satellitenkontrollzentrum ESOC in Darmstadt endgültig abgeschaltet. „Es ist das Ende der wegbereitenden Mission, die Gravitationswellen vom Weltraum aus erforscht und zugleich Start der künftigen Lisa Mission der ESA.
Lisa-Mission bis 2034
„Vor Lisa Pathfinder war die Erkundung von Gravitationswellen vom Weltraum aus eine theoretische Möglichkeit und ihre Realisierung verborgen hinter einer dicken, schwarzen Wand“, sagt Paolo Ferri, ESA-Direktor für den Missionsbetrieb. „Diese Mission hat jedoch eine Tür in dieser Wand geöffnet. Der Weg für eine künftige Mission ist noch lang, aber wir können jetzt damit beginnen, sie zu planen und vorzubereiten.“
Insgesamt 16 Monate war Lisa Pathfinder unterwegs. Lisa steht für „Laser Interferometer Space Antenna“. Die Sonde war eine Art fliegendes Testlabor, mit dem die ESA die Technologie erproben wollte, die für ein Weltraumobservatorium nötig sein wird. Gravitationswellen – wie sie schon Albert Einstein vor einem Jahrhundert in seiner Relativitätstheorie beschrieben hat – sind Schwingungen in der Struktur der Raumzeit, die durch die Beschleunigung von Masse erzeugt werden und mit einer ganzen Reihe von kosmischen Phänomenen verbunden sind, wie der Explosion einer Supernova oder etwa dem Verschmelzen schwarzer Löcher.
Die ESA plant bis 2034 eine LisaKonstellation aus drei Sonden in den Orbit zu schicken, um die Gravitationswellen vom Weltraum aus zu erforschen. Die Sonden sollen in einer Dreiecksformation fliegen und über Laserstrahlen verbunden sein. Die hypersensiblen Instrumente mit der Test-Masse an Bord müssen so konstruiert und platziert sein, dass sie von allen externen und internen Kräften abgeschirmt sind und nur die Gravitation und mögliche Gravitationswellen messen.
Erwartungen übertroffen
Lisa Pathfinders Aufgabe war es daher, eine Technologie zu erproben, in der die Test-Apparatur keinerlei Bewegung oder Erschütterung ausgesetzt ist und das „in bisher nicht gekannter Genauigkeit“, so Paul McNamara, leitender Wissenschaftler bei Lisa Pathfinder. Schon die ersten Ergebnisse, veröffentlicht im Juni 2016, ergaben eine Präzision, die alle Erwartungen in die Sonde Lisa Pathfinder um das Doppelte überstiegen. „Wir haben nicht nur die Anforderungen für Lisa Pathfinder überschritten, sondern auch die geforderte Genauigkeit für die künftige Lisa Mission in allen Frequenzen. Wir sind bereit für den nächsten Schritt“, freut sich Karsten Danzmann, Direktor des Max Planck Institutes für Gravitationsphysik an der Leibniz Universität Hannover, einer der Hauptkooperationspartner für die Lisa Technik.
Die letzten Tage ein Härtetest
Nach Abschluss der wissenschaftlichen Experimente waren die letzten Tage der Sonde den Flugkontrolleuren und Ingenieuren vorbehalten. Sie unterzogen die Hardware einem Härtetest und überprüften die technischen Geräte bis ans Limit. „Das gibt uns die Möglichkeit genau zu testen, wie sich Sonde und Ausrüstung im Routinebetrieb, aber auch unter ungewöhnlichen Bedingungen verhalten“, erklärt Ian Harrison, Spacecraft Operations Manager im ESOC.
Die Daten der Sonde wurden seit ihrem Start im Dezember 2015 bis zum letzten Tag am 18. Juli 2017 aufgezeichnet, um den Verschleiß der Hardware unter den harten Bedingungen im Weltraum genau verfolgen zu können. Die Ergebnisse sollen in Entwicklung und Design neuer Sonden einfließen.