Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mitreißendes Kirchenkonzert mit Kindermesse und Magnificat
Chöre, Musiker und Solisten schaffen in Langenargen begeisterndes Gesamtkunstwerk
(chv) - Noch lange hat John Rutters „Magnificat anima mea“im Ohr nachgeklungen. Mit so mitreißender Kraft hat der Kirchenchor St. Martin am Sonntagabend gesungen, ja gejubelt, dass die Zuhörer nach Verstummen der Kirchenglocken die Mitwirkenden stehend gefeiert haben. Das Kirchenkonzert, das Martin Beck mit seinen vereinten Chören aufführte, ist zum großen Ereignis für Langenargen geworden.
Ein großer Sprung war es von den letztjährigen drei Generationen der Familie Bach zu John Rutters 2003 uraufgeführter „Mass of the Children“und dem 1990 vollendeten „Magnificat“. Wunderschön ist die Musik der Messe, die klassische Satztechniken und populäre Harmonik verbindet. In seiner „Kindermesse“lässt der englische Komponist ganz bewusst Kinder eine zentrale Rolle spielen. Martin Beck hat die Kinderchorpassagen seinem ökumenischen Chor „Cantiamo“übertragen, der sich sehr schön einfügte und mühelos die gebotenen schwindelnden Höhen erreichte. Auch dem Kirchenchor schienen Flügel zu wachsen, selten hat man ihn so dynamisch und rhythmisch schwebend gehört. In wiegendem Gesang alternierten schon im Kyrie helle Frauen- mit Männerstimmen, gemeinsam stiegen sie empor zum drängenden Kyrie-Ruf. In immer neuen Farben blühte das Gloria auf bis hin zum feurigen Fortissimo. Ein bezauberndes Instrumentenvorspiel leitete das Sanctus ein, an das sich das Benedictus anschloss, das in immer neuen Wiederholungen das „qui venit in nomine Domini“meditierte. Innig fügte sich William Blakes bewegendes Gedicht „The lamb“ins Agnus Dei, in dem der Chor mit großer Pianokultur beeindruckte.
Sehr schön bringt Rutter seine Solisten ein, solistisch wie im Dialog oder vereint mit dem Chor. Auch die Sopranistin Evelyn Schlude schien hier über sich hinauszuwachsen, so klar trug ihre Stimme ohne Vibrato in weichen Bögen den Gesang. Als zweiter Solist kam Peter Strecker hinzu, der vor allem im Gebet „Lord, open my eyes“seinen warmen, runden Bass in alter Schönheit strömen ließ.
Höhepunkt des Konzerts war Rutters „Magnificat“. Dynamisch ließen Chor, Musiker und Evelyn Schlude das dramatische Werk erleben, das auch für die Musiker von der Harfe bis zur vollen Bläserbesetzung eine Herausforderung war. Denn auch hier vereint John Rutter auf glückliche Weise Musikstile und –zitate, spannt den Bogen vom Gregorianischen Choral über die Fuge bis Rumba und Ragtime – ein mitreißendes Hörerlebnis. Fröhliche Festlichkeit steht neben innigen, lyrischen Passagen, pastorale Kammermusik neben mitreißend effektvollen Akzenten. In mächtigen Crescendi trieb Martin Beck den Chor in immer neuen Ansätzen immer höher, in ganz innigen Passagen brachte er dessen Klangkultur zur Entfaltung. Auch die Solistin alternierte zwischen hochdramatischen Ausbrüchen und innigem Gebet, ehe das Werk mit einem gemeinsamen leidenschaftlichen Amen endete.