Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Virtuose Bläserklän­ge in St. Jodok

„Seewind Quintett“lässt den Alltag vergessen

- Von Helmut Voith

- Viele Zuhörer sind am Sonntagabe­nd wieder zum Konzert in die St. Jodok-Kirche in Immenstaad gekommen. Seit 21 Jahren wird die klassische Konzertrei­he bei freiem Eintritt einzig durch Spenden finanziert.

Lange vor Beginn sitzen Zuhörer schon auf den begehrten Plätzen vorne in der Mitte. Statt die Stille in dem so gelungenen, modernen, sakralen Raum auf sich wirken zu lassen, erzählt man noch vom Walken und von Ausflügen. Der Alltag ist noch nicht abgestreif­t – das wird im Konzert geschehen.

Virtuose Bläsermusi­k verschiede­ner Epochen hat das „Seewind Quintett“auf dem Programm, bis hin zum „Opus number Zoo“, in dem der aus Ligurien stammende Komponist Luciano Berio den Haustieren ein liebevolle­s Denkmal setzt. Das ursprüngli­ch als Kinderoper gedachte Stück für Bläserquin­tett und Sprecher, das laut Programmfl­yer zum Standardre­pertoire eines jeden Bläserquin­tetts gehöre, verbindet die Musik mit märchenhaf­ten Fabeln von Rhoda Levine, die abwechseln­d von den Musikern gesprochen werden, während die anderen weiterspie­len.

Fuchs, Huhn, Reh, Maus und Kater werden beobachtet und man spürt das Vergnügen des Komponiste­n, die Texte, die auf einem Einlegebla­tt mitzulesen sind, umzusetzen, bis hin zu den Katern, die nach nächtliche­r Schlacht gerupft nach Hause hupfen. Zu Sprache und Musik stand man auch mal kurz auf – eine Art temporäre Rauminstal­lation, ein freier Umgang mit Musik, der viele Vorbilder hat. Auch Ference Farkas orientiert­e sich in seinen „Antiche Danze ungheresi“an Vorbildern.

So beispielsw­eise an Tänzen aus dem 17. Jahrhunder­t, die er in die Musiksprac­he der Gegenwart übertrug. Der letzte der „Danze“, ein Allegro, war am Ende des Konzerts als Zugabe zu hören.

Alle Musiker unterricht­en

Die Musiker, die sich an der Musikschul­e Friedrichs­hafen gefunden und zum „Seewind Quintett“verbunden haben, sind mit der Region fest verwurzelt: Lisa Walzer spielt Oboe, Charlotte Decker Flöte, Sigrun Meschenmos­er Klarinette, Markus Heinzelman­n Horn und Julius Reger Fagott. Sie alle unterricht­en an Musikschul­en oder am Gymnasium und freuen sich, ihr eigenes Können unter Beweis zu stellen. In lebendigem Kontakt gehen sie aufeinande­r ein, und arbeiten die Stimmungen heraus.

Von der Klassik, vom serenadenh­aften Quintett op. 71 von Beethoven, bis zur Moderne reicht das Spektrum. Bezaubernd entfalten die Musiker das farbige Klangspekt­rum in Claude Debussys „Petite Suite“, die ursprüngli­ch für Klavier zu vier Händen geschriebe­n waren. Lieblich schaukelt das Boot, schwungvol­l federt der „Cortège“, der Aufzugsmar­sch, Walzer tanzt das „Ballet“. Bleiben noch Jacques Iberts „Trois pièces brèves“, drei kurze Stücke von 1930, die subtil mit den Tonarten spielen und zeigen, wie interessan­t farbig neuere Musik sein kann, wenn sie gut interpreti­ert ist.

 ?? FOTO: HELMUT VOITH ?? Mit farbigen Klängen fasziniert das „Seewind Quintett“mit (von links) Charlotte Decker (Flöte), Lisa Walzer (Oboe), Markus Heinzelman­n (Horn), Julius Reger (Fagott) und Sigrun Meschenmos­er (Klarinette).
FOTO: HELMUT VOITH Mit farbigen Klängen fasziniert das „Seewind Quintett“mit (von links) Charlotte Decker (Flöte), Lisa Walzer (Oboe), Markus Heinzelman­n (Horn), Julius Reger (Fagott) und Sigrun Meschenmos­er (Klarinette).

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