Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Eine kleine Beule am Ruf, ein kleiner Kratzer am Ego
Sternekoch Harald Wohlfahrt und sein Arbeitgeber von der „Schwarzwaldstube“legen ihren Rechtsstreit bei
(lsw) - Der kleine Sitzungssaal im Arbeitsgericht Pforzheim platzt aus allen Nähten. Das Medieninteresse ist riesig, die Spannung groß. Die Richter betreten am Dienstag den Raum, scherzen mit den Fotografen und verkünden alsdann: Frieden. Spitzenkoch Harald Wohlfahrt hat im Streit um seine Weiterbeschäftigung als Küchenchef in der „Schwarzwaldstube“in Baiersbronn (Kreis Freudenstadt) den Eilantrag gegen seinen Arbeitgeber zurückgezogen und eine Einigung erzielt. „Ende gut, alles gut“, sagt er im Anschluss erleichtert am Telefon der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Ich bin sehr glücklich und sehr dankbar über diese Entwicklung.“
Die gütliche Einigung mit dem Hotel Traube Tonbach, zu dem die „Schwarzwaldstube“gehört, dürfte im Sinne aller Beteiligten sein. Zu sehr hatten der schwelende, wochenlange Streit, das enorme Medienecho und die bevorstehende Verhandlung an den Nerven Wohlfahrts und auch denen der Hotelier-Familie Finkbeiner gezehrt. Der Ruf des als bescheiden und loyal geltenden Spitzenkochs stand ebenso auf dem Spiel wie jener des renommierten Spitzenlokals und der Inhaberfamilie.
„Gemeinsam haben wir 40 Jahre für die Schwarzwaldstube gewirkt und blicken auf eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit zurück“, erklärte Hotelbesitzer Heiner Finkbeiner am Dienstag schriftlich. „Unser Wunsch war immer eine gemeinsame Zukunft mit Harald Wohlfahrt, so wie wir es zusammen viele Jahre geplant und vorbereitet hatten. Dafür haben wir immer alle Türen offengehalten.“Weder er noch Wohlfahrt waren angesichts ihrer Einigung noch vor Gericht erschienen. Zuvor hatten Weggefährten und WohlfahrtSchüler wie Peter Hagen, der das Zwei-Sterne-Lokal „Ammolite“in Rust führt, die traurige Eskalation der letzten Wochen bedauert. So recht hatte sich niemand in der Branche erklären können, wie es die beiden Parteien soweit hatten kommen lassen können. „Traurige Sache“, sagte Hagen. „Die denkbar schlechteste aller Entwicklungen“, nannte sie Zwei-Sterne-Koch Jörg Sackmann vom Gourmetrestaurant „Schlossberg“in Baiersbronn.
Eine gute Einigung sei es
Doch nun scheinen die Wogen geglättet, der Streit ist beigelegt. Das Hausverbot für Wohlfahrt, letzter kläglicher Höhepunkt in der unguten Auseinandersetzung, wurde nach Worten einer Hotelsprecherin bereits aufgehoben. „Alle können sich in die Augen sehen“, sagte sie. Es sei eine sehr gute Einigung. Sie war nach Angaben der Beteiligten am Dienstagmorgen erzielt worden. Der Posten des Küchenchefs bleibt bei Torsten Michel, der das Amt schon im Mai übernommen hatte. Welche Rolle Wohlfahrt künftig in der „Schwarzwaldstube“spielen wird, blieb am Dienstag offen. Details zu den getroffenen Abmachungen waren nicht mitgeteilt und Stillschweigen vereinbart worden. „Die Zukunft wird es weisen“, sagte Wohlfahrt der dpa. Das Angebot seitens des Hotels an ihn, als „kulinarischer Direktor“zu wirken, stehe weiterhin.
Rund vier Jahrzehnte stand Wohlfahrt in der „Schwarzwaldstube“am Herd und hatte dem Restaurant die vergangenen 25 Jahre in Folge jedes Jahr drei Michelin-Sterne erkocht – ein einsamer Rekord. Die „Schwarzwaldstube ist mein Leben“, sagte er. „Ich war bald mehr mit ihr verheiratet als mit meiner Frau.“Er freue sich unendlich, sagte er und klang dabei am Dienstag ziemlich glücklich.