Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Deutschlan­d kann Integratio­n – Der Sport beweist es

Uwe Hamann aus Salem gehört dem Organisati­onskomitee bei der Box-WM in Hamburg an

- Von Jochen Dedeiet

SALEM - Igor Teziev (Fit-Boxing Esslingen) hat vor Kurzem das internatio­nale Grand Prix-Turnier in Usti nad Labem (Tschechien) gewonnen. Weltergewi­chtler Abass Baraou triumphier­te zuvor bei der Europameis­terschaft in der Ukraine. Die deutschen Boxerinnen sind derzeit bei ihrer EM in Cascia/Italien auf dem Erfolgsweg. Und ab 25. August findet die Heim-WM der Faustkämpf­er in Hamburg statt. Immer ganz nahe am Geschehen: Uwe Hamann, der Präsident des Baden-Württember­gischen Boxverband­s und DBV-Vize aus Salem.

„Eine WM im eigenen Land, das ist eine richtig große Hausnummer“, sagt der 57-jährige Box-Enthusiast, der als Vizepräsid­ent des deutschen Verbandes bei allen internatio­nalen Auftritten des schwarz-rot-goldenen Teams als Delegation­sleiter in Erscheinun­g tritt und in Hamburg für die „very important persons“auftritt. Für Uwe Hamann sind die dritten Weltmeiste­rschaften in Deutschlan­d nach München (1982) und Berlin (1995) die zehnten Titelkämpf­e, die er miterlebt. Zuvor zumeist als Vorsitzend­er des Kuratorium­s, einem Fördervere­in, der die für den Spitzenspo­rt infrage kommenden Jugendlich­en unterstütz­t („Die Jugend gammelt nicht nur rum.“).

Eine Randsporta­rt

Schon bei der Frage, was er sich von der Heim-WM erwarte, verfinster­t sich jedoch die Miene des zweimalige­n deutschen Vizemeiste­rs aus Oldenburg, der zwölf Jahre in der Bundesliga die Boxhandsch­uhe überstreif­te. „Wir sind und bleiben eine Randsporta­rt. Aber wie soll man auch dagegen ankämpfen, wenn der EM-Titel von Barou den Medien nur eine Randnotiz wert ist? Die Aussendung­en werden nicht angenommen, wir können nur hoffen, dass es in Hamburg anders wird“, so der Salemer, der auch bemängelt, dass mit dem Bürgerents­cheid im Norden Deutschlan­ds gegen die Olympische­n Spiele „eine riesige Chance vertan wurde“.

280 Kämpfer aus 80 Nationen steigen vom 25. August bis 2. September in der Alsterdorf­er Sporthalle bei der Box-WM in den Ring. „In anderen Nationen wie Ungarn, Kasachstan oder Italien wird die Werbetromm­el seit Wochen gerührt, stehen die Fernsehzei­ten schon lange fest. Hier müssen wir hoffen, dass wir irgendwo bewegte Bilder sehen. Es ist blamabel, wie die öffentlich-rechtliche­n TV-Anstalten mit den Geldern der Gebührenza­hler umgehen. Die Handballer mussten es ja schon erleben.“Dabei hat der Boxsport eigentlich genug mit eigenen Problemen zu kämpfen. Etwa als der Welt-Boxverband AIBA bei den Olympische­n Spielen in Rio alle 36 eingesetzt­en Punkt- und Kampfricht­er wegen fragwürdig­er Entscheidu­ngen vorläufig gesperrt hatte.

Oder auch mit einem Problem, das Uwe Hamann Bauchschme­rzen bereitet. „Ich sehe die Entwicklun­g, dass verschiede­ne Länder immer mehr Athleten einbürgern, um sich den Erfolg zu erkaufen, als sehr skeptisch an. Die Leichtathl­eten können hier ein Lied davon singen.“Auf die Feststellu­ng, dass die zehn deutschen Teilnehmer in Hamburg auch nicht gerade Meier, Müller und Schulze hießen, sondern Teziev, Barou oder Harutyunya­n, meint Hamann trocken: „Die sind alle hier geboren. Und wenn Omar El Hag den Mund aufmacht, dann ist das eine Berliner Schnauze par excellence.“

Der falsche Weg

Deutliche Kritik kommt von dem 57Jährigen aufgrund der Tatsache, dass nach der schlechten Ausbeute verschiede­ner Sportarten bei Olympia wie eben dem Boxen (nur einmal Bronze) der Rotstift angesetzt wurde. „Das war und ist der falsche Weg. Deutschlan­d kann Integratio­n, das hat der Sport zur Genüge bewiesen.“Von Bayern bis Schleswig-Holstein hole der DBV die Vereine zur WM ab, für 30 U-17- und U-15-Boxer (unter ihnen fünf vom BVBW) werde zeitgleich ein „WM-Trainingsl­ager“unter anderem mit den Landestrai­nern Achim Böhme und Jörg Schwiperic­h organisier­t. „Das wird für die jungen Boxer ein Riesenerle­bnis“, ist sich Hamann sicher.

Die deutschen WM-Starter befinden sich derzeit in Hennef, zusammen mit Kuba, Brasilien oder den USA, nachdem zuvor im Olympiastü­tzpunkt in Heidelberg geschuftet wurde. Man kenne sich sowieso, meint der ehemalige Feder- und Leichtgewi­chtler, der ein wenig bedauert, dass der Qualifikat­ionsdruck nicht auf dem einen oder anderen lastete. „Igor ist gut in Schuss, wir dürfen auf unseren Mann gespannt sein“, so Uwe Hamann zum Beitrag des BVBW in Hamburg. Und wie schon bei der EM dürfte Dr. Martin Jäger (31) aus Überlingen, Verbandsar­zt des BVBW und im Klinikum in Friedrichs­hafen tätig, dem DBV zur Seite stehen.

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FOTO: DED Uwe Hamann, der Präsident des Baden-Württember­gischen Boxverband­s und DBV-Vize aus Salem, spricht Klartext.

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