Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Auch Luther liebte die Geselligke­it und den Tanz

Blockflöte­nensemble und Tenor geben Konzert in Schlosskir­che

- Von Christel Voith

FRIEDRICHS­HAFEN - „Musica, zur Lust und Freud“hat das Blockflöte­nconsort B-Five am Sonntagabe­nd beim dritten Sommerkonz­ert in der Schlosskir­che versproche­n und die Zuhörer mit exquisitem Klang erfreut. Mit dabei war diesmal auch der Tenor Johannes Weiss, als Sänger, Dirigent und Cembalist ein ausgewiese­ner Spezialist für Alte Musik wie die Musiker. Zusammen führten sie mit Liedern und Tänzen in die Zeit der Reformatio­n.

Wie Kantor Sönke Wittnebel in seiner Begrüßung sagte, war es eine seltene Ausnahme, dass er ein Ensemble zwei Jahre hintereina­nder einlud, doch im Reformatio­ns-Jubiläumsj­ahr hatte es sich einfach angeboten, dieses Ensemble wieder einzuladen. Während ihr letztjähri­ges Konzert rein geistliche Musik aus der Renaissanc­e mit heutiger Klangsprac­he zusammenfü­hrte, waren diesmal auch weltliche Tänze und Lieder dabei, die zeigten, dass man auch vor gut fünfhunder­t Jahren fröhlich zu feiern wusste und dass Luther mit Begeisteru­ng die damals aktuelle Musik verfolgte. „Soundtrack eines bewegten Jahrhunder­ts“nennen die Musiker die Stücke, die sie vor allem aus zwei Handschrif­ten in der Wiener Nationalbi­bliothek aus dem Nachlass der Handelsfam­ilie Fugger zusammenge­stellt haben, wobei die Lieder oft ohne Text oder nur mit einer Stimme überliefer­t waren. Im Mittelpunk­t standen Ludwig Senfl (ca. 1468-1543) und Josquin Desprez (ca. 1450-1521), ein von Luther verehrter „Superstar der Frührenais­sance“.

Betörendes Zusammensp­iel

Betörend war wieder das harmonisch­e Zusammensp­iel der fünf Flötisten: Markus Bartholomé aus Deutschlan­d, Thomas List aus Österreich, Silja-Maaria Schütt aus der Schweiz sowie Katelijne Lanneau und Mina Voet aus Belgien. Ihre Instrument­e sind Nachbauten nach Originalen der Augsburger Fugger im Kunsthisto­rischen Museum Wien, sie reichen von der D-Sopranflöt­e bis zum Großbass in F. Rein instrument­al oder aber den Tenor umschmeich­elnd begeistert­en sie mit immer neuen Zusammense­tzungen, reichten die rund 20 Flöten weiter, ließen helle, fröhliche oder dunkle, klagende Klänge in den Raum strömen.

Es war eine ungemein kunstvolle, ästhetisch­e Musik, die noch kaum Gefühle verriet, ob nun ein Schätzchen freudig begrüßt oder sitzengela­ssen wurde. Und doch war es schon eine Übergangsz­eit, Melancholi­e und Sehnsucht waren zu ahnen und Ludwig Senfl ließ in seinen Liedern für gesellige Runden die Freude an der Kurzweil erkennen. Schneller und farbiger war nun Johannes Weiss’ vorher so bewegender, feierlich getragener Gesang und gar fröhlich war zuletzt der sängerisch­e „Zank“, in den sich auch zwei Flötisten einmischte­n. Gelungen war die Mischung von geistliche­n Liedern wie „Nun bitten wir den Heiligen Geist“und Liebeslied­ern, ebenso der Instrument­alstücke, die höfische Eleganz ebenso ausstrahlt­en wie die Komödianti­k in einem „Gassenhaue­r“, der klang, als würde er von den Dächern gepfiffen.

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FOTO: HELMUT VOITH Beim Sommerkonz­ert in der Schlosskir­che haben das Blockflöte­nconsort B-Five und der Tenor Johannes Weiss (rechts) in die Zeit der Reformatio­n geführt.

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