Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mark Twains Lausbuben werden lebendig
Verein Langenargener Festspiele lädt zum Gastspiel des Studio Theaters Stuttgart mit Steffan Essigbeck ein
LANGENARGEN - „Endlich geht es los“, hat am Sonntagnachmittag Caroline Wocher, die erste Vorsitzende des neugegründeten Vereins Langenargener Festspiele, die Kinder vor der Konzertmuschel begrüßt. Der Verein steht in den Startlöchern, die erste eigene Produktion ist für nächsten Sommer vorgesehen, doch als „kleinen Vorgeschmack“hat er zur Eröffnung der Spielestadt MiniLA „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“, ein Gastspiel des Studio Theaters Stuttgart, eingeladen.
Zahlreich sind die kleinen Gäste gekommen. Dass in den vorderen Reihen noch Plätze frei blieben, lag daran, dass wer immer konnte den Schatten suchte, so hell und heiß schien die Sonne vom See her. Dass gerade dieses Theater aufgeführt wurde, kam nicht von ungefähr, denn Steffen Essigbeck, der Tom Sawyer spielt, ist zugleich der Intendant des Vereins, und Nadine Klante, die den Theaterspaß inszeniert hat, seine künstlerische Leiterin.
Im Reich der Fantasie
Mit vier Spielern haben sie Mark Twains Klassiker der Jugendliteratur auf die Bühne gestellt: Neben Essigbeck als Tom und Tobias Wagenblaß als Huck spielten Stephanie Friedrich und Christoph Franz die übrigen Rollen. So war Christoph Franz mit Perücke, Haube und züchtigem langem Rock die gutmütige Tante Polly, die ihrem Neffen auch mal tüchtig die Leviten liest, und wenig später mit Ledermantel über der nackten Brust der grimmige Mörder Indianer-Joe. Und Stephanie Friedrich war Toms dümmlicher Schulfreund Ben, der mit Wonne für ihn den Zaun streicht, dann im braven Kleidchen die begehrte Becky oder der bucklige arme Saufbold Muff Potter, der um ein Haar am Galgen landet. Wenige Versatzstücke genügten der Regisseurin für die Schauplätze: Vier schwarz-weiße Pappbäume waren zum Verstecken da, Leitern und Holzkisten wurden zum Zaun, zum Boot oder zum Richtertisch – was fehlte, ergänzte die Fantasie.
Tom und Huck liefen erst durch die Reihen, schossen mit imaginären Gummigeschossen: „Zack“– „Na warte!“Schon kam Tante Polly um die Ecke, wollte Tom den Hintern versohlen, doch der war schon wieder weg: „Puh, das war knapp!“Schöne Musik erklang, als Becky auftauchte und Tom ihr mit einem Kuss erklärte, sie seien jetzt verlobt. Huck erschien mit toter Katze im Sack – man roch sie förmlich, wenn die beiden die Nasen hochzogen. Man folgte ihnen bei Sturmgeheul auf den nebelumwallten Friedhof und auf der Flucht, erlebte man, wie Indiana-Joe seinen Mord vor Gericht mit einem Meineid dem armen Muff in die Schuhe schob, sodass die Kinder laut riefen: „Nein, Einspruch!“Doch der Richter wollte nicht hören. Natürlich gab’s nach 70 Minuten ein Happy End. Die Kinder hatten das lebendige Spiel aufmerksam verfolgt und durften jetzt noch zur „Autogrammstunde“nach vorne kommen.