Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Kunst kann mehr sein als ein schönes Bild an der Wand“
Ein Job zwischen Öffentlichkeit und Künstler: Julian Denzler ist Kurator des Kunstvereins Friedrichshafen
FRIEDRICHSHAFEN - Eine Zeit lang habe er zwar intensiv fotografiert und sich auch mal selbst im Malen und Zeichnen versucht. Doch sich mit den Werken anderer Künstler zu beschäftigen, finde er viel spannender. Seit Anfang des Jahres ist Julian Denzler Kurator des Kunstvereins Friedrichshafen. Drei Ausstellungen hat er in den Räumen am Buchhornplatz bereits betreut, die vierte startet Mitte September.
Es sei der analytische Umgang mit Kunst, der ihn fasziniere, erzählt er. Als Kurator hat er genau das zu seinem Beruf gemacht – und zu seiner Leidenschaft. Mit seinen 27 Jahren dürfte er deutschlandweit zu den jüngsten Kuratoren eines Kunstvereins dieser Größe gehören. „Ich bin sehr froh, dass ich das machen darf. Hier kann ich selbst prägen und Verantwortung übernehmen.“Geboren und aufgewachsen ist Julian Denzler in Tettnang. Ein großes Interesse für die Kunst habe er schon immer gehabt, doch wohin es damit beruflich gehen sollte, habe er nach dem Abi erstmal noch nicht gewusst, gibt er zu. In Bremen und Bologna studierte Denzler Kunst und Kulturwissenschaft, es folgte ein Master in „Ausstellen und Vermitteln“.
Der Kunstverein Friedrichshafen hat 220 Mitglieder, bei administrativen Aufgaben bekommt Denzler viel Unterstützung vom Vorstand des Vereins. Seine Aufgaben als Kurator reichen von der Auswahl der Künstler bis zum Transport der Werke und deren Präsentation in den Ausstellungsräumen. „Kurator kommt von dem Wort kurare, das heißt kümmern und umschreibt es ziemlich gut“, erklärt der junge Kunstfreund und lacht. „Ich sehe mich als Mittler zwischen Öffentlichkeit und Künstler.“Sein Job sei es, eine Offenheit und einen Zugang zur Kunst zu schaffen.
Hinter der Entscheidung, welche Künstler zu einer Ausstellung eingeladen werden, steckt viel Vorbereitung und Recherche. Die betreibt der 27-Jährige unter anderem im Internet auf Webseiten von Künstlern. Aber natürlich auch, indem er selbst Ausstellungen besucht. „Das liegt schon fast zwischen Arbeit und Freizeit, weil das wirklich großen Spaß macht“, sagt er. Manchmal seien es nur drei Monate, die zwischen den ersten Kontakten mit Künstlern und der Ausstellungseröffnung stehen. An der kommenden Ausstellung, die am 15. September eröffnet, arbeite er jedoch beispielsweise schon seit Anfang des Jahres, erklärt er.
Hat er einen Künstler entdeckt, dessen Werke ihn ansprechen, fordert er zunächst ein Portfolio, also eine Werkauswahl, an. Danach trifft er sich in der Regel im Atelier des Künstlers zum persönlichen Gespräch. Mit seinen Ausstellungen möchte er den Leuten zeitgenössische Kunst näherbringen. „Kunst kann mehr sein als ein schönes Bild an der Wand“, ist er überzeugt. Oft seien es gesellschaftliche Themen, die in der Kunst aus einer ganz neuen Perspektive betrachtet werden, erklärt er. „Ideal ist es, wenn die Kunst dann zu einem eigenen Gedankenprozess anregen kann.“
Dass zeitgenössische Kunst nicht jedermanns Sache ist, ist ihm dabei klar – „Aber ich bin der Überzeugung, dass man ihr eine Chance geben sollte.“Neben seiner Tätigkeit in Friedrichshafen kuratiert der Tettnanger auch einmal im Jahr eine Ausstellung in Zürich, wo er seit vier Jahren seien zweiten Wohnsitz hat. Für andere Interessen, wie etwa das Fußballspielen, bleibt ihm mittlerweile nicht mehr viel Zeit. „Man verschmilzt mit der Kunst, wenn man in diesem Bereich arbeitet“, sagt er schmunzelnd.
Julian Denzlers nächste Ausstellung „Retrospektive“des Künstlers Jan Hendrik Pelz eröffnet am 15. September im Kunstverein Friedrichshafen.