Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Zehn Augen fokussieren die virtuelle Zukunft
Informatikstudenten wollen mit Start-up „Ten Eyes Media“erfolgreich werden
WEINGARTEN - Es ist ein schmales, schlauchförmiges Büro, in dem die Ideen der Zukunft entstehen. Zwei mal fünf Meter misst der Raum. Mehr nicht. Doch für die Weingartener Informatikstudenten Dennis, Thorsten und Patrick reicht das vollkommen aus, um eine ganze Welt zu erschaffen. Eine virtuelle Welt, mit der sie in Zukunft Geld verdienen wollen.
Dennis Reimer (26), Thorsten Rehbogen (25) und Patrick Fraß (27) sitzen nebeneinander an ihren Schreibtischen und arbeiten an ihrem neuesten Vorhaben: Es ist ein Initiativprojekt, das virtuelle Realität (kurz VR) und Automobilindustrie zusammenbringt. Das Stichwort lautet „Autokonfigurator“. Reimer erklärt: „Dabei geht es darum, Autos nach speziellen Vorgaben und Wünschen virtuell zusammenzustellen und zu testen.“Mithilfe von VR-Brillen könne man die Autos in 3D sehen, um sie herumlaufen und sogar hineinsitzen. „Das ist eine ganz neue Form der Präsentation“, so der 26Jährige. Was genau der Inhalt ihres Projektes ist, wollen die drei Studenten nicht verraten. „Firmengeheimnis“, meinen sie schmunzelnd.
Im Oktober 2016 haben Reimer, Rehbogen und Fraß ihr Start-up „Ten Eyes Media“gegründet. Wie sie selbst sagen, rührt der Name daher, dass zwei von ihnen Brillenträger sind. „So kommen die zehn Augen zusammen“, erläutert Thorsten Rehbogen. Er und die beiden anderen sind nicht nur Freunde, sondern auch gleichberechtigte Geschäftsführer ihres Start-ups. „Für uns war von Anfang an klar, dass wir alle die gleiche Verantwortung haben“, sagt Rehbogen.
Als Studenten eingeschrieben
Noch sind die drei Firmengründer als Studenten an der Hochschule Ravensburg-Weingarten eingeschrieben. Kennengelernt haben sie sich im Jahr 2011, als sie ihr Bachelorstudium begannen. Alle drei hatten sich damals für den Studiengang „Angewandte Informatik“entschieden. TRAUERANZEIGEN Nach dem Abschluss setzten sie noch ein Masterstudium mit dem Schwerpunkt „Spiele und Digitale Medien“obendrauf. Derzeit schreiben sie ihre Masterarbeit. Schon während des Studiums war für Reimer, Rehbogen und Fraß klar, dass sie auch beruflich zusammenarbeiten und eine eigene Firma auf die Beine stellen wollen. Ihren Plan haben sie in die Tat umgesetzt – mit Unterstützung der Hochschule. So dürfen sie unter anderem einen Raum in dem Informatikgebäude als Büro nutzen. Dort verbringen die drei Programmierer viel Zeit. Das Ziel: ihre Firma ins Rollen bringen. Sie soll wachsen – Tag für Tag. Denn nach dem Studium wollen die Informatiker damit ihren Lebensunterhalt finanzieren.
Im Wesentlichen setzen die Unternehmensgründer auf drei Standbeine: Virtuelle Realität, Apps und Spiele. Gerade Letzteres ist das Steckenpferd der jungen Männer. Im Rahmen ihres Studiums haben sie immer wieder Spiele programmiert. Ihr größter Erfolg ist ihr lauffähiger Prototyp „Dual Runners“. Das Spiel, bei dem zwei Personen virtuell gegeneinander antreten, erinnert ein bisschen an den Klassiker „Super Mario“. Auch die Steuerung funktioniert ähnlich: Der eine Spieler muss versuchen, an ein Ziel zu gelangen. Währenddessen legt ihm der zweite Spieler Hindernisse in den Weg. Scheitert der erste Spieler an den Hindernissen, wechseln die Rollen. Die drei Erfinder haben „Dual Runners“bereits auf Gamefestivals – beispielsweise in der Schweiz – vorgestellt. „Das war sehr hilfreich, denn so konnten wir das Spiel weiter verbessern“, sagt Patrick Fraß. Sie beabsichtigen, ihr Spiel im kommenden Jahr zu veröffentlichen.
Privat beschäftigen sich Fraß, Reimer und Rehbogen ebenfalls mit Videospielen. Einmal pro Woche treffen sie sich am Abend für drei, vier Stunden zum „Zocken“, wie sie sagen. „Dann gibt es Bier und Pizza – auch wenn das ein Klischee ist“, grinst Fraß. Allerdings bedauern er und seine Kollegen ein bisschen, dass das Schussental in Sachen „Gaming“nicht Berlin, München oder Köln ist. „Im Raum Oberschwaben ist die Spieleszene quasi nicht existent“, beobachtet Dennis Reimer.
Aufträge aus aller Welt
Ihrem unternehmerischen Erfolg werde das wohl keinen Abbruch tun, meinen die Gründer. „Dank des Internets sind wir nicht ortsgebunden“, so Reimer, „wir können in Weingarten sitzen und Aufträge aus aller Welt bearbeiten.“Außerdem sehen die Studenten Potenzial in der Region: „Hier sitzen starke, innovative und hoch technologiebasierte Firmen“, so Rehbogen.
Manche dieser Unternehmen kennen die Geschäftsführer von „Ten Eyes Media“von früheren Kooperationen oder Praktika. Und zu dem Rest wollen sie nun Kontakte knüpfen. „Unsere Aufgabe ist es erst einmal, Eigeninitiative zu zeigen, auf die Unternehmen zuzugehen und unsere Visitenkarten zu verteilen“, erläutert Dennis Reimer. Und Thorsten Rehbogen ergänzt mit einem Lachen: „Erst wollen wir uns etablieren und dann groß rauskommen.“
Eine Firmenphilosophie hat das junge Start-up schon. „Unsere Werte sind moderne Standards, Zuverlässigkeit, Ablieferung von Qualität und ein möglichst fehlerfreies Arbeiten“, beschreiben Patrick Fraß, Thorsten Rehbogen und Dennis Reimer. Was ihre Auftraggeber anbelange, seien sie nicht wählerisch, meinen sie. Nur eine Branche würden die Informatiker strikt ablehnen: „Wir sind uns darin einig, dass wir nie für die Rüstungsindustrie programmieren würden“, sagt Reimer.