Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Medizinischer Fortschritt kostet Geld
Geschäftsführer des MCB, Johannes Weindel, ist zu Gast beim Altstadtforum
FRIEDRICHSHAFEN - Über die Leistungen des Medizin Campus Bodensee mit dem Klinikum Friedrichshafen, dem Krankenhaus 14 Nothelfer Weingarten und der Klinik in Tettnang hat Geschäftsführer Johannes Weindel am Dienstagabend beim ersten „Schwanen“-Stammtisch des Altstadtforums nach der Sommerpause informiert. Der Sprecher des Altstadtforums, Fred Eger, begrüßte dazu den Chefarzt und Zentrumsdirektor Hans-Walter Vollert. Weinert streifte die finanziellen Belastungen der Krankenhäuser insgesamt und stellte fest, „der medizinische Fortschritt kostet ein Wahnsinns-Geld“.
Weil jeder irgendwann im Krankenhaus lande könne es nicht schaden, den Kontakt dorthin zu halten, meinte Forumssprecher Fred Eger eingangs schmunzelnd und lobte Weindel, „Unglaubliches“geleistet zu haben, indem er das neue Kliniken-Gebilde in kurzer Zeit in die Gewinnzone geführt habe.
Weindel stellte den Schwerpunktversorger in Friedrichshafen (370 Betten) und die Grund- und Regelversorger in Weingarten (133) und Tettnang (140) vor, mit denen die Zahl der Mitarbeiter von 950 auf über 2000 angestiegen ist. Jährlich werden im Medizin Campus 36 000 Patienten versorgt. An allen drei Standorten zusammen gibt es in diesem Jahr voraussichtlich 2400 Geburten, davon allein im Klinikum Friedrichshafen, das auch Lehrkrankenhaus der Uni Tübingen ist, 1200. Gesellschafter des Medizin Campus sind die Waldburg-Zeil-Kliniken und einige kleinere Firmen.
Medizin Campus Bodensee bietet mehr Behandlungen an
Der Geschäftsführer zeigte die duale Krankenhausfinanzierung mit den beiden Säulen Investitions- sowie Personal- und Sachkosten auf und erläuterte, wie die Krankenhäuser durch das 1993 gedeckelte Krankenhaus-Budget gezwungen gewesen seien, größer zu werden, um zu überleben.
Heute werden im Medizin Campus Bodensee vier verschiedene Prioritätsstufen und damit mehr Behandlungen angeboten. So wurde unter anderem die Psychiatrie angesiedelt oder die Strahlenklinik, zu der die Patienten zuvor nach Singen mussten. Das erarbeitete neue medizinische Konzept geht davon aus, dass die drei Standorte ein einziges Krankenhaus sind. Johannes Weindel beleuchtete die vom Gesetzgeber auferlegten Qualitätsvorgaben, durch die eine Mindestzahl an Operationen (150) erfüllt werden müssen. Brustkrebsfälle beispielsweise werden auf höchstem Niveau jetzt auch in Friedrichshafen behandelt. Hier ist nun auch ein Darmzentrum angesiedelt. Hüft- und Knie-OP kamen aus Tettnang nach Friedrichshafen, dafür Becken- und Beckenboden-OP standortübergreifend von Friedrichshafen nach Tettnang. Im Mutter-Kind-Zentrum Friedrichshafen sind die Kompetenzen von Kinderärzten, Hebammen, Frauenärzten und examierten Pflegekräften gebündelt. Im Da-Vinci-Zentrum vor Ort werden urologische, allgemeinchirurgische und gynäkologische Patienten minimal-invasiv und unterstützt durch OP-Roboter operiert. Mit dem Campus wurden medizinische Sinnhaftigkeit und Ökonomie stimmig gemacht und durch eine ausgewogene Verschiebung medizinischer Leistungen nach Auffassung von Johannes Weindel alle drei Standorte gestärkt.
Durch die engen Finanzierungsbedingungen des Gesetzgebers werde das Wirtschaften schwieriger, gab Weindel zu. Und: Die Krankenhäuser finanzierten sich immer noch durch die Kranken. Weshalb „hervorragende Ärzte“nötig seien, wie auch Mitarbeiter, die „ungeheuer viel“leisten – und die der Campus habe. Mit einem klaren „Nein“beantwortete Weindel die Frage, ob zu viel operiert werde? „Unsere Ärzte verdienen nichts an einer OP.“Eine andere Frage war die nach der Unterstützung durch die Zeppelinstiftung. Von ihr erhält man 1,5 Millionen Euro im Jahr. Außerdem werden Investitionen bezuschusst.