Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Meinung des Patienten zählt
MECKENBEUREN (sz) - Das Interesse von ungefähr 200 Zuhörern hat unterstrichen, wie wichtig das Thema ist: Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht standen bei „Medizin am Gleis“, eine Vortragsreihe des „Medizin Campus Bodensee“, in Meckenbeuren auf dem Programm. Dr. Detlev Jäger, Chefarzt Innere Medizin der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Intensivmedizin sowie Mitglied des Ethikkomitees am Klinikum Friedrichshafen, und Rechtsanwältin Elisabeth Bauersmann aus Tettnang beleuchteten medizinische und rechtliche Aspekte.
Wer möchte nicht in Würde sterben? Wer an Apparaten und Schläuchen hängen oder nur noch von Maschinen abhängig sein? Immer wieder ist Jäger mit solchen oder ähnlichen Formulierungen in Patientenverfügungen konfrontiert. „Das ist aber viel zu ungenau und hilft uns in der konkreten Situation nicht weiter“, berichtete Jäger. So sei es ein großer Unterschied, ob jemand für ein paar Tage beatmet werde, um eine Hürde zu nehmen oder nur noch mit Hilfe einer Herz-Lungen-Maschine auf Dauer am Leben bleiben könne. „Für uns gilt die Meinung des Patienten. Wir brauchen aber eine nähere Beschreibung, um zu wissen, was er möchte.“
Grundsätzlich gilt für den Arzt im Spannungsfeld zwischen unterlassener Hilfeleistung und Körperverletzung der Grundsatz „in dubio pro vita“– im Zweifel für das Leben. „Dann müssen die Entscheidungen aber überprüft werden, ob sie weiterhin indiziert sind und vom Patientenwillen getragen werden“, erläuterte Jäger die Situation, mit der er als Intensivmediziner häufig konfrontiert ist.
Elisabeth Bauersmann, Fachanwältin für Familien- und Erbrecht, empfahl, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht, mit der unter anderem auch finanzielle Angelegenheiten von einer Vertrauensperson geregelt werden können, zusammen zu erstellen. „Gibt es keine Vorsorgevollmacht, wird im Notfall ein gesetzlicher Vertreter vom Gericht bestimmt.“Das könne durchaus ein Angehöriger sein, aber der Betroffene habe dann keinen Einfluss, wer seinen Willen vertrete. Außerdem unterstrich sie, wie wichtig es sei, dass es zwischen Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung keine Widersprüche gibt. ANZEIGE