Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wie es nach dem Start des Bundestages weitergeht
Bis die neue Koalition steht, steuert die „Geschäftsführende Bundesregierung“Deutschland
BERLIN - Seit Dienstag ist das Hohe Haus einsatzbereit. 30 Tage nach der Bundestagswahl – zum letztmöglichen Zeitpunkt – startete die 19. Legislaturperiode. Doch was kann das Parlament machen, so lange keine Regierung steht?
Bis auf Weiteres wird es hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt sein, noch vieles liegt im Argen: Den neuen Fraktionen von FDP und AfD fehlen noch Räume, Telefonnummern und E-Mail-Adressen, der Frust ist groß. Und die eigentliche Arbeit in den Ausschüssen wird gebremst, weil deren Einrichtung erst Sinn macht, wenn die Ressortaufteilung der neuen Regierung steht – so sehen es die Jamaika-Sondierer und wollen für die Übergangszeit den sogenannten Hauptausschuss einrichten, der das Tagesgeschäft übernimmt. Das als „Politbüro“beschimpfte Gremium – auch nach der Wahl 2013 war ein Hauptausschuss eingesetzt worden – ist heftig umstritten. „Der Bundestag wird monatelang in Geiselhaft genommen“, zürnte Jan Korte, Geschäftsführer der Linken-Bundestagsfraktion, am Dienstag. Er fordert, die im Grundgesetz vorgesehenen Ausschüsse für Äußeres, Verteidigung, Europa und Petitionen einzusetzen, damit dort etwa über Bundeswehreinsätze beraten werden könnte.
Seit Dienstag sind Kanzlerin Angela Merkel und ihre schwarz-rote Ministerriege nur noch geschäftsführend im Amt. Das heißt: Wichtige personelle oder finanzielle Entscheidungen liegen auf Eis und neue Gesetzesvorhaben gibt es nicht mehr. Mit Blick auf die unter den Jamaikanern umstrittene Europa-Politik hatte die FDP die Kanzlerin schon davor gewarnt, in Brüssel Weichen zu stellen und Fakten zu schaffen.
Geschrumpftes Kabinett
Die Kanzlerin bleibt eine Verwalterin des Status quo, ist auf EU-Ebene vorerst gelähmt. Ihr Kabinett schrumpft unterdessen zusammen: Andrea Nahles (SPD), Wolfgang Schäuble (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU) sind inzwischen von Bord gegangen, ihre Jobs haben die Minister Katarina Barley, Peter Altmaier und Christian Schmidt zusätzlich übernommen. In der Außenpolitik wird es keinen Bruch geben. Bei internationalen Ministeroder Gipfeltreffen wird Deutschland weiter vertreten sein. So werden die scheidenden SPD-Minister Barbara Hendricks (Umwelt) und Sigmar Gabriel (Auswärtiges) an der UN-Klimakonferenz in Bonn teilnehmen.