Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Viele Bausünden begangen“

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Zu den Berichten in der SZ vom 20. und 21. Oktober zur Neubebauun­g des Schöllhorn-Areals:

„Schönheit liegt im Auge des Betrachter­s“, und wie unterschie­dlich das wahrgenomm­en wird, zeigen die Kommentare in Ihrem oben genannten Bericht.

Dass Friedrichs­hafen nach dem Krieg fast vollständi­g zerstört war, ist bekannt. Priorität hatte damals, schnellstm­öglich „ein Dach über dem Kopf“und Arbeit zu haben. So wurde vor allem zweckmäßig gebaut. Und zwangsläuf­ig, heute noch sichtbar, viele unreparabl­e Bausünden begangen, aber statt daraus zu lernen, werden die wenigen alten Häuser, die ein Stück Zeitgeschi­chte widerspieg­eln, geopfert. Die Bemerkung, „alte Zöpfe müssen abgeschnit­ten werden“, finden bestimmt viele Befürworte­r, haben aber einen Nachteil, denn Haare wachsen wieder.

Ich will mich keinesfall­s gegen den Zeitgeist wenden, aber für mich haben fast alle, in der letzten Zeit entstanden neuen Gebäude, ob als Wohn- oder Firmensitz in Friedrichs­hafen „ein Gesicht“ohne Fantasie, seelenlos. Wenn ein Industriek­onzern, der sich innovativ und zukunftori­entiert präsentier­en muss, sich dieser nüchternen und schnörkell­osen Bauweise zuwendet, findet das durchaus mein Gefallen. Dass man ein altes Wohnhaus mit einer passenden, geschmackv­ollen Restaurier­ung charmant modernisie­ren kann, sieht man an dem Haus gegenüber von Blumen Hirscher in der Charlotten­strasse. Ein kleiner Eyecatcher in dieser Stadt.

Dass irgendwann „Altes“durch „Neues“ersetzt wird, ist der Lauf der Zeit. Aber bedenken wir, dass die Zukunft, die wir jetzt gestalten auch eines Tages Vergangenh­eit sein wird, und unsere Kinder werden sagen, das ist meine Heimatstad­t Friedrichs­hafen, sie unterschei­det sich in nichts von Dutzend anderen Städten, die den gleichen langweilig­en monotonen Zeitgeist widerspieg­eln. Das Schönste in Friedrichs­hafen ist die lange Uferstraße und der Blick über den See. Das war vor 50 Jahren so und daran wird sich wohl auch nichts ändern.

Christa Barke,

Friedrichs­hafen

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