Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Blaufelchen lassen sich nicht züchten
Internationales Fischereiforum widmet sich der Gewässerbewirtschaftung – Protest gegen Netzgehege wird laut
FRIEDRICHSHAFEN - Zum dritten Mal hat das Internationale Fischereiforum des Landesfischereiverbandes Baden-Württemberg (LFVBW) getagt. Themen im Graf-ZeppelinHaus waren am Wochenende Vorträge über Besatzmaßnahmen und deren Risiken, die historische Fischerei und andere Debatten rund um die Angelei. Im Landesverband sind etwa 800 Angelvereine und rund 60 000 Angler organisiert.
Die Tagung am Bodensee, so sagt Geschäftsführer Ingo Kramer, hatte mit dem See in diesem Jahr nichts zu tun. Und doch spielte der Bodensee eine Hauptrolle. Hoch angesehene Referenten und spannende Vorträge, etwa wie der des Berliner Professors Robert Arlingshaus über Besatzfische, bestimmten das offizielle Programm, das in den Pausen von einem Thema dominiert wurde: die Zukunft der Fischerei am Bodensee und die Netzgehege.
Für Ingo Kramer stellt das Forum eine Veranstaltung mit Themen dar, die alle Angler in Baden-Württemberg interessieren. „Das sind keine bodenseespezifischen Themen, um die es geht“, sagt er. Bei der vergangenen Tagung hatte sich das Internationale Fischereiforum mit dem See befasst und die Netzgehege tatsächlich zum Thema gemacht. Trotz sorgfältiger Planung und ansprechender Themen blieben die Netzgehege auch in diesem Jahr präsent.
„Der LFVBW lehnt jede Aquakultur im Bodensee ab. Massentierhaltung und Fischproduktion in Mastbetrieben sind im Bodensee schädlich und unerwünscht. Sie haben negative Auswirkungen auf die Region, den See und dessen Natur“, hatte der Verband im Januar dieses Jahres in einer Stellungnahme zu dem Thema veröffentlicht.
Der Verband spricht in dem Schreiben von „Angelfischern auf allen Seiten des Sees (Bayern, Österreich, Schweiz und Baden-Württemberg)“, die eine Massenproduktion in Aquakultur im Bodensee ablehnen. Das hatte bereits die Internationale Arbeitsgemeinschaft der Bodensee Angelfischer (IABS) auf der Delegiertenversammlung am 21. Oktober 2016 so beschlossen. Auch mehr als 90 Prozent der Berufsfischer am Bodensee seien gegen eine Aquakultur. Die Gastronomie am See fordere Wildfische, keine Zuchtfische. „Deshalb muss die zentrale Frage gestellt werden, wer denn überhaupt eine Felchenproduktion durch Aquakultur im Bodensee fordert?“, fragt der Landesverband.
Das Thema wird zurzeit rund um den See diskutiert. Auch die Berufsfischer und ihre Organisationen haben dazu eine klare und eindeutige Position. Sie sind nicht generell gegen Aquakulturen, sprechen sich aber deutlich gegen Netzgehege im Wasser aus. Dort seien die geltenden Gesetze und Bestimmungen zurzeit noch ein Hindernis für Netzgehege. „Nur eine Frage der Zeit, bis die geändert werden“, sagen die Fischer.
Umfassender Protest
Elke Dilger, Vorsitzende der badischen Berufsfischer, auf deren Gebiet die Netzgehege entstehen sollen, hat zusammen mit dem Vorsitzenden der bayerischen Berufsfischer, Roland Stohr, sowie dem Kollegen der württembergischen Berufsfischer, Norbert Knöpfler, einen Fragenkatalog an das Ministerium geschickt, in dem vor allem die Frage gestellt wird, wer von den Netzgehegen profitieren soll. Ursprünglich als Hilfe für die Berufsfischer gedacht, verfolge der Minister für ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, den Aufbau der Netzgehege, obwohl 95 Prozent der Berufsfischer dagegen wären.
Elke Dilger macht eine wichtige Unterscheidung: „Blaufelchen kann man nicht züchten. Und Blaufelchen sind die Spezialität aus dem Bodensee, die gefragt ist und unsere wirtschaftliche Grundlage darstellt.“In den Netzgehegen sollen Sandfelchen aufgezogen werden, eine Fischart, die diese wirtschaftliche Basis ruinieren könnte.
Der aktuellste Stand in der Debatte um die Netzgehege, der sich auch das Fischereiforum nicht entziehen konnte, sind die Resolutionen und Beschlüsse der Landkreise und Kantone, die sich samt und sonders gegen Netzgehege im See richten. Zuletzt hat der Kreistag des Bodenseekreises in seiner Sitzung am 11. Oktober mit großer Mehrheit den Aufbau von Netzgehegen im Bodensee abgelehnt.