Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Sehnsuchtsvolle Songs
Konzert im Gessler 1862 – Klassischer Blues mit Pete Gavin
(lys) - Pete Gavin hat im Gessler 1862 mit einer „One-Man-Show“einen Abend mit Südstaaten-Blues gegeben. Knapp 30 Zuschauer erlebten den Briten und heutigen Wahl-Berliner – einen Mann, der seinen Brot- und Butterjob „Physiklehrer“an den Nagel hängte, sich das Gitarrespielen selbst beibrachte und heute ein eigenes Record Label hat.
Bereits Ende der 60er- und Anfang der 70er-Jahre war Pete Gavin in Londoner Clubs unterwegs. Allerdings noch als Hobbymusiker, denn trotz seines Talents war er zunächst als Physiklehrer aktiv. Nachdem er Einstein und Co. den Rücken gekehrt hatte, verdiente er sich als Straßenmusiker seine Brötchen. Er war in der Schweiz, in den Niederlanden und auch in Japan unterwegs, bis er sich schließlich in Berlin niederließ. Das war Anfang der 80er-Jahre. Es folgten Auftritte mit Eric Clapton oder auch Joe Cocker und namhaften Folkblues-Bands. Hier ist Pete Gavin heute noch zu Hause – sehnsuchtsvolle Songs über Tage in Regenbogenfarben, Töchter des Mississippi und Baumwollfelder gab er mit seiner sonoren Bassstimme im Gessler zum Besten.
Es war ein sehr intimes Konzert, bei dem er die Songs aufs Publikum abstimmte. „Ich glaube, ich muss mal etwas Nachdenkliches spielen, auch wenn ich das jetzt nicht vorher geübt habe“, warf er ein. Mit seiner Mundharmonika, den Gitarren und seiner Baskenmütze hatte man das Bild eines älteren Intellektuellen vor Augen, der über den Alltag eines Bluesmusikers singt, mit all den frustrierenden Momenten, die das Musikerleben bereithält. So abschreckend kann es aber dennoch nicht sein, denn schließlich ist Gavin seit Jahrzehnten in dieser Szene zu Hause und hat sich durch Straßenmusik, Gigs auf Festivals und Clubabenden seinen Lebensunterhalt verdient. Er hat sich durch den Musikeralltag gebissen, wollte ursprünglich Klavier und später dann Cello lernen – aber das sei an seiner Linkshändigkeit gescheitert. Als er mit der Gitarre begann, hat er nicht mal die Saiten umgezogen, bis er mit dem „Finger Picking“(Anschlag der Gitarrensaiten mit einzelnen Fingern) begann. Die Zuschauer im Gessler wurden Zeugen seiner heutigen Kunst des „Finger Pickings“, wie er sich gleichzeitig auf der Mundharmonika begleitete, um dann sanft oder druckvoll ins Mikro zu singen.