Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Christa Hecht-Fluhr: „Frauen müssen Frauen wählen“
BoRa-Empfang für Frauen im Rathaus Kressbronn kommt gut an
KRESSBRONN (bora) - „Kommunalpolitik ist die Politik des täglichen Lebens. Viele der Entscheidungen dort beeinflussen unser Leben. Frauen sollen sich einmischen“– mit ihrem Grußwort hat Antonie Gierer vom Landfrauenverband, Kreisverband Tettnang die BoRa-Veranstaltung im Rathaus Kressbronn unterstützt. Unter dem Motto „Frauen für die Lokalpolitik begeistern“hatte die Gruppe BoRa nach Kressbronn eingeladen. Ihre Mitglieder sind Gemeinde- oder Kreisrätinnen und andere politisch tätige Frauen, die für die Kommunalwahl 2019 mehr weibliche Kompetenz in die Rathäuser holen wollen.
Britta Wagner, Kressbronner SPD-Gemeinderätin, eröffnete die Veranstaltung mit Fakten und Ausblicken: „Es ist an der Zeit: Von 58 Kreisräten im Bodenseekreis sind derzeit acht weiblich, es sollten in Zukunft 29 sein.“Auch für den Gemeinderat wünsche sie sich diese Entwicklung. Bürgermeister Daniel Enzensperger unterstützt diese Initiative und appellierte vor allem an Frauen unter 40, sich einzubringen.
BoRa ist eine überparteiliche und überregionale Gruppe der Landkreise Bodenseekreis und Ravensburg. So waren an dem Abend auch Gäste aus Amtzell, Wangen und dem weiteren Allgäu anwesend, um sich zu informieren und auszutauschen. Schirmherrin Christa Hecht-Fluhr war klar, dass der Wandel ein mühsamer Weg sei. Frauen würden auch Rückschläge einstecken müssen und Männer wollten eben erst mal ihre Plätze behalten. Doch mehr Frauen in den Gremien seien gut für die ganze Gesellschaft. „Frauen müssen Frauen wählen.“Wichtig sei in diesem Zusammenhang der Vorstoß, das Kommunalwahlgesetz noch mehr zu verändern.
Das aufgrund von öffentlichem Druck im Mai 2013 bereits überarbeitete Kommunalwahlgesetz BadenWürttemberg enthält aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken der damaligen Regierungskoalition nur eine „Soll-Bestimmung“zur paritätischen Besetzung von Kandidierenden-Listen. Doch diese sanktionenlose Soll-Bestimmung entfalte nicht den nötigen Druck, schreibt BoRa. Besser sei es, die Parteien zu verpflichten, nach dem Reißverschlussprinzip weibliche und männliche Kandidaten für die Listen zu nominieren. Dafür treten nicht nur der Landfrauenverband, sondern auch der Landesfrauenrat Baden-Württemberg ein. Im Landtag – und damit bildet Baden-Württemberg das bundesdeutsche Schlusslicht – sitzen zurzeit 24,5 Prozent Frauen.
Eine andere, nicht minder nachdenkliche Perspektive auf die Welt und Weiblichkeit eröffnete – mit Gesang und Witz – der Frauenchor Allegro aus Tettnang. Zudem regte die Schweizer Poetry-Slammerin Amina Abdulkadir warmherzig zum mutigen Weiterdenken an. Sie hofft auf Frauen, „die sich endlich Platz nehmen und der Welt zeigen, dass unsere Zukunft kein Geschlecht hat. Denn noch müssen wir uns eingestehen, dass wir schon weiter sein sollten.“
Klare Forderungen aus eigener Erfahrung gaben die Schülerinnen Amelie Frohnmayer und Lena Matulla weiter: Im Schulunterricht müssten diese wichtigen politischen Inhalte früher (nicht erst in der neunten und zehnten Klasse) unterrichtet werden.