Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Blick in einen geheimnisvollen Farbkosmos
Plattform 3/3: Malerei von Ingrid Schmidt begegnet Plastiken von Markus Meyer
FRIEDRICHSHAFEN - Keine gewöhnliche Ausstellung von Malerei und Skulptur ist es, welche Ingrid Schmidt und Markus Meyer am Freitagabend in der Galerie Plattform 3/3 im Fallenbrunnen eröffnen, sondern ein Blick in ein ganzes Universum.
Sprachlos geht man mit Ingrid Schmidt durch die Ausstellung, denn die beschränkt sich nicht auf den normalen Galerieraum, sondern Fußstapfen auf schmalen Bildern im Flur weisen auf eine sonst geschlossene Tür, die durch ein Büro zu ihrem Atelier führt, wo noch eine Fülle von Bildern wartet, dazu Großskulpturen von Markus Meyer. Im eigentlichen Ausstellungsraum begegnen sich Ingrid Schmidts Bilder und filigrane Kleinplastiken, sofern man bei massivem Armierungsdraht von filigran sprechen kann. Als Erika Lohner sie zum Ausstellen aufgefordert hatte, habe sie den Bildhauer Markus Meyer zum Mitmachen animiert und ist nun begeistert, wie sehr er sich auf ihre Bilder eingelassen habe, von denen er eines über Nacht mit nach Hause genommen habe. Die feinen Strukturen in ihrem Bild hat er aufgenommen und darauf mit einer Reihe luftig leichter Objekte reagiert. Wie Luftzeichnungen stehen sie im Raum, umgeben von den Bildern aus den letzten eineinhalb Jahren. Wer Ingrid Schmidt kennt, weiß, dass dies keine schnell hingeworfenen Bilder sind, sondern dass sie aus vielen Schichten bestehen, die einander überlagern und bei aller Abstraktion Bilder im Kopf entstehen lassen: Man mag darin Landschaften entdecken, vielleicht sogar einen Löwenkopf, aber sie versichert, dass sie nicht abstrahiert habe, sondern rein abstrakt male: „Wir kommen aus dem Gegenstand und suchen ihn dann auch im Bild – jeder hat einen anderen Erfahrungsschatz und sieht etwas anderes“, sagt sie. Herbst, Wachstum und Vernetzung sind Themen, die man hier finden mag. Eine reale Blüte stand Pate bei der zarten frühlingshaften Blüte, die sie für ihre sterbende Mutter gemalt hatte, der sie damit eine große Freude bereitet habe.
Kindliche Freude
Eine andere Welt tut sich im langen Gang ihres Ateliers auf, wo noch zwei Großplastiken Meyers stehen, denn hier sind inmitten ihres Farbkosmos reale Gesichter zu entdecken. Fast andächtig nennt sie die Serie einen Spiegel der Zeit. Vom Baby, in dem diffus noch alle Möglichkeiten schlummern, geht sie weiter zum Du, zum Wir, malt Selbstzerstörung und Verzweiflung, bis der Weg zur Erkenntnis, nach oben in Gottes Hand führt. Neueste Bilder im Hauptraum, wo ringsum Kerzenständer stehen, lassen in einen hellen, frohen Kosmos blicken. Mit fast kindlicher Freude weist sie darauf hin, dass die Kleinteilchen auf der breiten Spur, die wie eine Milchstraße nach oben führt, aus winzigen Bodenseemuscheln bestehen, die sie am Ufer gesammelt hat. Ihre Bilder sind eine Welt für sich und wollen in Ruhe entdeckt werden – entschlüsseln werden sie sich nicht leicht.
Die Ausstellung wird am Freitag, 27. Oktober um 19 Uhr eröffnet. Sie ist bis 19. November jeweils Freitag bis Sonntag und Feiertag von 14 bis 18 Uhr zu sehen.