Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Nach Unfall: Freunde sammeln Geld für Tatjana
An welchen Folgen die 18-Jährige zu leiden haben wird, ist noch unklar – Eltern wollen Zimmer umbauen
LINDAU/PRIMISWEILER - Vor gut zwei Wochen hört die Welt von Yvonne und Reinhard Ländle für einen kurzen Moment auf, sich zu drehen: Ihre Tochter Tatjana hat einen schweren Verkehrsunfall. Seitdem liegt das Mädchen auf der Intensivstation. Welche Folgen der Unfall letztendlich für sie haben wird, ist noch völlig unklar. Die Eltern sind verzweifelt, doch eines gibt ihnen Halt: die Unterstützung, die Tatjanas Freunde ihnen schenken. Einer von ihnen, Dominik Vill, hat jetzt sogar eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Mit dem gesammelten Geld wollen Freunde und Eltern Tatjanas Zimmer umbauen – damit es barrierefrei ist, wenn das Mädchen aus der Reha kommt.
Die 18-jährige Tatjana wird überleben, das ist das Wichtigste. Nach dem Unfall vor zwei Wochen in Unterreitnau schwebte sie zunächst in Lebensgefahr. Die Primisweilerin war mit ihrem Verlobten und dessen Freund auf dem Weg zu einer Geburtstagsfeier, als es passierte: Das Auto kam nach links von der Fahrbahn ab und fuhr frontal in eine Hauswand. Tatjana, die auf dem Rücksitz saß, erwischte es am schlimmsten. Sie war im Fahrzeug eingeklemmt. Mit dem Hubschrauber wurde sie schließlich in ein Krankenhaus geflogen und notoperiert.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass sie ganz gesund wird, ist klein“, sagt Vater Reinhard Ländle. Richtig viel können die Ärzte über den Zustand des Mädchens allerdings noch nicht sagen. Weil der linke Teil der Schädeldecke fehlt, können sie einige Untersuchungen am Kopf noch nicht machen. „Das Risiko ist zu groß“, sagt Mutter Yvonne Ländle.
Tatjana liegt auf der Intensivstation, sie ist im Wachkoma. In den USA wird für sie eine künstliche Schädeldecke hergestellt. Sie muss so schnell wie möglich in Reha, denn ihre rechte Körperhälfte ist komplett gelähmt. „Wir wissen nur, dass sie nicht querschnittsgelähmt ist“, sagen die Eltern. Tatjana habe sich allerdings zwei Nackenwirbel angebrochen.
Yvonne Ländle erlebt diese Hölle zum zweiten Mal. Vor acht Jahren hatte ihr Mann einen Verkehrsunfall, lag im Koma. Seitdem ist er arbeitsunfähig. „Ich bin mit der Situation überfordert“, sagt sie. Reinhard Ländle kann bis heute nur an Krücken gehen. Als er damals aus der Reha kam, war er auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Situation ist ihm in Erinnerung geblieben. „Ich konnte mich nicht frei bewegen, kam nicht allein in die Dusche, nicht in die Badewanne“, erzählt er.
Freunde haben Hilfe beim Umbau angeboten
Damit es seiner Tochter nicht gleich ergeht wie ihm, will er ihr Zimmer umbauen – und bekommt dabei Unterstützung, mit der er nicht gerechnet hätte. Zumindest nicht in diesem Umfang: Tatjanas Freunde besuchen die Familie jeden Tag und haben längst ihre Hilfe beim Umbau angeboten.
Allen voran Dominik Vill. Er hat vor einer Woche im sozialen Netzwerk „Facebook“einen Spendenaufruf für den Umbau des Zimmers gestartet. „Wir sind alle Freunde, da ist es selbstverständlich, dass man hilft“, sagt er. Mittlerweile ist der Spendenaufruf fast 80mal geteilt, hat jede Menge „Likes“und Kommentare. „Ich bekomme viele Nachrichten, die Leute bieten ihre Hilfe an.“Auch die ersten Spenden von Narrenverein und Motorsportclub seien schon eingegangen.
„Ich bin so froh, dass sie da sind“, sagt Yvonne Ländle. „Domi hat mich gefragt, ob er den Spendenaufruf machen darf und ich habe gesagt: natürlich.“Auch sie und ihr Mann haben von Freunden und Bekannten schon Spenden für das neue Zimmer bekommen.
Wie Tatjanas neues Zimmer aussehen wird, das weiß Vater Reinhard schon ganz genau: „Ich plane das Zimmer so, dass man mit dem Rollstuhl durchkommt.“Aber auch eine Fußbodenheizung soll das neue Zimmer haben und einen Boden aus weichem Kork. Außerdem möchten die Eltern dem Mädchen ein Boxspringbett kaufen, dessen Kopf- und Fußteil man verstellen kann, und einen verschiebbaren Nachttisch. „Es soll ja nicht aussehen wie im Krankenhaus“, sagt Reinhard Ländle. Er möchte nur eines: Dass sich seine Tochter, in welchem Zustand sie auch immer aus der Reha kommt, daheim wohlfühlt.