Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kataloniens flämische Freunde
Nach eigenen Angaben hat sich Carles Puigdemont nach Brüssel begeben, weil dies die Hauptstadt Europas ist. Und nicht, weil es die Hauptstadt Belgiens ist.
Doch das ist allenfalls die halbe Wahrheit. In Belgien kann der katalanische Separatist auf Sympathisanten zählen. Hier regiert eine Vier-Parteien-Koalition, deren größter Partner, die Nieuw-Vlaamse Alliantie, den Staat Belgien abschaffen will. Dieser Partei gehört Asyl-Staatssekretär Theo Francken an, der schon vor Puigdemonts Flucht öffentlich darüber nachgedacht hatte, dem Katalanen Asyl zu gewähren. Und Franckens Parteifreund Geert Bourgeois, der Regierungschef des flämischen Teilstaats, lobte Puigdemonts Verhalten in den vergangenen Wochen als „staatsmännisch und verantwortungsvoll“. Die Nationalisten in Katalonien und Flandern stehen einander nahe: wirtschaftsliberal, europafreundlich – und unversöhnlich separatistisch.
Doch das von Francken ins Spiel gebrachte Asyl kann es nicht geben. Abgesehen davon, dass Puigdemont es nicht beantragen will, würde eine Bewilligung die Idee der EU als Wertegemeinschaft ad absurdum führen. Belgiens ungebetener Gast wird nicht politisch verfolgt. Er muss sich wegen mutmaßlicher Gesetzesbrüche verantworten.
u.mendelin@schwaebische.de