Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Sahin im WM-Duell gegen siebenfachen Champion
K1-Aushängeschilder des Bodensee Gyms stehen am Samstag in Singen vor harten Bewährungsproben
LANGENARGEN - Selahattin Sahin und Elias Musso machen wenige Tage vor ihrem großen Auftritt bei der Fight Night des TBC Singen in der Münchriedhalle einen vollkommen ruhigen und gelassenen Eindruck. Dies ist umso erstaunlicher, da um die Muay-Thai- und K1-Kämpfer des Bodensee Gyms Langenargen ein großer Hype gemacht wird. Plakate, Flyer, Anzeigen, Zeitungsberichte und ständig neue Meldungen auf Facebook und der Vereinshomepage machen seit Wochen die Runde. Verständlich, geht es für „Selo“Sahin am Samstagabend um die K1-ProAmWeltmeisterschaft der ISKA (International Sport Kickboxing & Karate Association) und für Youngster Musso um den Internationalen K1-DMTitel der Junioren.
Beide haben schon einige Erfolge vorzuweisen, daher könnte es sein, dass eine gewisse Routine eingekehrt ist. Vielleicht ist es aber nur die Ruhe vor dem Sturm. Dies erscheint sehr viel wahrscheinlicher, zumal Selahattin Sahin einem der besten Kampfsportler überhaupt gegenübersteht. Ob bei den Verbänden ISKA, IFMA oder WAKO, Alexander Oleinik hat im Kickboxen und Muay Thai bei Welt- und Europameisterschaften bereits sieben Goldmedaillen erkämpft. Dreimal gewann der 31Jährige den Weltcup, die nationale Meisterschaft holte der Ukrainer insgesamt 18 Mal.
Kontrahenten kennen sich
Dass Halbschwergewicht Sahin nicht preisgeben will, wie so einem Mann beizukommen ist, dürfte verständlich sein. Zumal sich beide Kontrahenten kennen. Vor wenigen Monaten standen sich die zwei bei der Amateur-Weltmeisterschaft in Athen im Finale gegenüber. Oleinik gewann nach Punkten, obwohl „Selo“laut seinem Trainer Roman Carevic und der ISKA, die danach für den Titelkampf angefragt haben, eine großartige Leistung abgeliefert hatte. Mit über 300 Kämpfen bei Amateuren und Profis ist der Ukrainer auch in Singen der Favorit. Selahattin Sahin kann allerdings in der wohl ausverkauften Münchriedhalle, in der 1500 Kampfsportfans erwartet werden, auf eine große Fangemeinde und Unterstützung hoffen. 150 Freunde und Bekannte haben sich laut dem ZF-Industriemechaniker eine Karte gesichert.
Während sich der 22-jährige Sahin in Athen zum Vizeweltmeister kämpfte, kehrte sein Vereinskamerad Elias Musso als Doppel-Weltmeister an den Bodensee zurück. Dennoch sagt auch der 16-Jährige, dass der anstehende Kampf um den DM-Titel sein bisher wichtigster ist. „Wir treten als Profis an“, so der Schüler des GZG stolz. Die Bezeichnung ProAm bedeutet, dass es sich um eine Mischung aus Profis und Amateuren handelt. Musso trifft in seinem Fight bis 55 Kilogramm auf Nils Goitom aus England, „ich habe ein Video von ihm gesehen“. Sein Eindruck? Elias Musso grinst. „Wenn du skeptisch bist, hast du schon verloren.“
Viermonatige Pause
Sahin und Musso haben seit der WM in Griechenland keinen Kampf bestritten, beide sehen die viermonatige Pause wie auch ihr Trainer nicht als Nachteil. „Es war eh Sommerpause. Und Fastenmonat“, so der 22-Jährige, der lediglich drei seiner zahlreichen Kämpfe verloren hat. Allerdings waren dies keine unwichtigen, handelte es sich doch um Finals bei DM, EM und WM. „Nicht nur ich bin der Meinung, dass ich die Kämpfe bei DM und EM nicht verloren habe, sondern dass es sich um umstrittene Entscheidungen handelte.“Roman Carevic legte nach der DM Protest ein. „Ich bin selbst Punkterichter und habe mir das Video tags darauf noch sechs- oder siebenmal angeschaut. Und ich komme immer wieder zu dem gleichen Schluss: Mit Frederic Fraikin wurde der falsche Sieger ausgerufen.“
Carevic, auch Vorstandsmitglied des Muay-Thai-Bunds Baden-Württemberg, wartete trotz mehrmaligem Nachfragens vergebens auf Antwort, Fraikin fuhr zur Muay-Thai-WM und für den Verband war das Thema damit erledigt. Aber auch bei der EM hatte man Sahin einen Rückkampf zugesagt, der in der „Badischen Zeitung“schon angekündigt wurde – aber nie stattfand. „Du regst dich nur auf, wenn du dich ewig damit beschäftigst“, so Sahin, der in Singen bei der ProAm-WM ohne Schoner und über fünf Runden antreten wird. „Mit Schoner fühlst du dich immer so eingeschränkt. Und Wirkungstreffer sind auch Wirkungstreffer“, sieht der Häfler auch hier nur den Vorteil.