Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Serbien – vom Transitland zum Wartesaal
Tausende Flüchtlinge bleiben an den EU-Grenzen hängen – Die Balkanroute ist aus dem Fokus geraten
BELGRAD - Keine 20 Kilometer trennen die Flüchtlinge im serbischen Transitcamp Adasevci von der Europäischen Union. Vor dem Lager an der Autobahn 3 zwischen Belgrad und Zagreb donnern Lastwagen und Autos vorbei. Wer nach Kroatien einreisen will, zückt einfach den Personalausweis. Doch für die rund 660 Geflüchteten in Adasevci bleibt der Schlagbaum in Richtung Westeuropa unten. Manche sitzen hier schon seit Monaten fest. 100 Kilometer nördlich ist der serbisch-ungarische Grenzübergang Hercegszántó. Doch auch Ungarn hat die Grenzen für Flüchtlinge geschlossen, nur acht pro Tag dürfen durch den Zaun. Serbien ist vom Transitland zum Wartesaal geworden.
„Uns geht es gut hier. Wir wollen aber nicht hier bleiben. Für uns ist es ein Stopp auf dem Weg zu unseren Freunden und Familien“, sagt Mustafa Halil. Die meisten wollen nach Deutschland, Schweden und in die Niederlande. Der 28-jährige Afghane lebt seit ein paar Wochen im Lager Adasevci. Auf dem Gelände toben Kinder mit ihren Müttern auf einem Spielplatz. Dahinter sind die Mannschaftszelte, in denen die jungen Männer schlafen. In einem Backsteingebäude, das noch vor ein paar Jahren ein Motel war, sind vor allem Familien untergebracht. Mehr als die Hälfte der Menschen in Adasevci sind Kinder und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Vor zwei Jahren, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise auf der Balkanroute, waren es meistens Männer.
Platz machen für Luxusviertel
Serbien bekam 2015 viel Lob aus Deutschland für seine Flüchtlingspolitik, noch immer gilt sie als gut. Doch im vergangenen Winter gingen Bilder aus verlassenen Lagerhallen Belgrads um die Welt, in denen Flüchtlinge bei Minustemperaturen hausten. Rund 1700 sollen es gewe- sen sein. Für diese Situation ist das Land kritisiert worden. Die alten Hallen mussten im Mai Platz für das Milliardenprojekt „Belgrade Waterfront“machen, wo an den Ufern der Save ein neues Luxusviertel entsteht. Belgrader nennen es auch spöttisch Mini-Dubai.
„Es lief nicht alles perfekt, die Kommunikation hätte besser sein können, aber die Regierung tat ihr Bestes. All diese Flüchtlinge wurden in die Aufnahmelager gebracht und registriert“, berichtet Sibina Golubovic, Notfallteamleiter im SerbienBüro der Hilfsorganisation Care. Heute gibt es 18 Asylunterkünfte im Land. In Lagern wie Adasevci finanziert Care warme Mahlzeiten, installiert die Sanitär-