Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Der Weg des Lebens
„Die Reise der Pinguine 2“– Bezaubernde Bilder bei weit weniger Pathos
Die Reise der Pinguine“gehört zu den erfolgreichsten Dokumentarfilmen überhaupt. Der Oscar-prämierte Film über das ebenso faszinierende wie beschwerliche Dasein der Kaiserpinguine lockte von 2005 an weltweit mehr als 25 Millionen Zuschauer in die Kinos. Nun hat der französische Filmemacher Luc Jacquet erneut unglaubliche Aufnahmen der Tiere aus der Antarktis mitgebracht. Im ersten Teil „sprachen“Mutter, Vater und Küken noch, was viele Zuschauer als kitschig empfanden. „Die Reise der Pinguine 2“ist mit weit weniger Pathos inszeniert – und fasziniert umso mehr.
Für den Film arbeitete Jacquets Team monatelang unter extremsten Bedingungen. Auch mit Kameras ausgerüstete Drohnen und Tauchboote wurden eingesetzt. Der Mühe Lohn: Bilder, die atemberaubend sind, einmalig – und manchmal einfach nur unglaublich niedlich.
Wieder wird die Geschichte einer Kaiserpinguin-Familie erzählt. Ein schon 40 Jahre altes Männchen kehrt von einem Fischzug an den Ort zurück, an dem es einst selbst schlüpfte. Immer wieder ruft es nach seinem Küken. Ist es verhungert, hat ein Riesensturmvogel es erwischt?
Zunächst springt der Film fünf Monate zurück, als an einem eisigen Wintermorgen ein Ei gelegt und in einem gefährlichen Balanceakt von den Füßen der Mutter auf die des Vaters geschoben wird. Wieder in der Gegenwart folgt Erleichterung: Das Küken, ein süßer Flausch in Grau, piepst seinem Vater freudig entgegen.
Berührend sind auch die wundervollen Nachtaufnahmen und der Anblick des properen, schneeweißen Weibchens neben ihrem gräulichen, ausgemergelten Gefährten. Einmalig auch die Szenen, in denen der Vater seinen Zögling verlässt, um Beute für sich suchen zu können: Immer wieder weicht er ein Stückchen zurück, immer wieder trippelt das Kleine ihm rückwärts nach.
Angenehm zurückhaltend ist der Film vertont, nur selten schimmert das Pathos durch, für das der erste Teil kritisiert wurde. Stattdessen gibt der Film dem Knacken des Eises Raum, dem Klang durch Schnee stapfender Pinguinfüße oder einfach der Stille der magisch schönen Landschaft.
Auch in „Die Reise der Pinguine 2“setzt Jacquet auf eine gute Geschichte, auf Optik, Emotion und Dramatik. Immer wieder hat er dafür Szenen gewählt, die sich gut vermenschlichen lassen: Ein mit den Flügeln flatterndes Küken zum Beispiel wirkt so, als würde es seinem davonwatschelnden Vater hinterherwinken. Dieses gezwungen Menschelnde wirkt – in seltenen Momenten – störend. Von diesem kleinen Makel abgesehen lässt sich kaum erahnen, wie viel Ausharren, wie viel Engagement und wohl auch Glück in den einmaligen Aufnahmen stecken. (dpa)
Die Reise der Pinguine 2. Regie: Luc Jacquet. Erzählt von Udo Wachtveitl. Frankreich 2017. 85 Minuten. Ohne Altersbeschränkung.