Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
VGH: Solidarbeitrag nicht „kurtaxefähig“
Verwaltungsgerichtshof Mannheim begründet Urteil – Behörden prüfen Richterspruch
LANGENARGEN/MANNHEIM (sz/flo) - Bereits am 14. September hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) die Kurtaxesatzung der Gemeinde Langenargen für unwirksam erklärt. Nachdem der VGH am Dienstag die Urteilsbegründung nachlieferte, wollen die Behörden nun prüfen, wie es mit der „Echt-Bodensee-Card“(EBC) weitergeht, die mit der höheren Kurtaxe finanziert werden sollte.
Es war ein Sieg auf der ganzen Linie: Dass die Verwaltungsrichter in Mannheim im September die Kurtaxesatzung nicht nur in Teilen, sondern komplett kippten, war mehr, als die Langenargener Vermieterin Annette Pfleiderer und ihre Mitstreiter erwartet hatten. Die Gründe für seine eindeutige Entscheidung lieferte der VGH am Dienstagmorgen in einer Pressemitteilung nach. „Der 2. Senat ... ist der Argumentation der Antragstellerin im Wesentlichen gefolgt“, heißt es in dem Schreiben. Die Richter stellten klar, dass der neue Solidarbeitrag, mit dem die „EchtBodensee-Card“finanziert werden soll, nicht in die Kalkulation der Kurtaxe einbezogen werden dürfe – hierfür fehle die gesetzliche Grundlage.
Laut Satzung, die der Gemeinderat am 24. Oktober 2016 beschlossen hatte, sollten Langenargener Gastgeber künftig pro Übernachtung einen Solidarbeitrag abführen. Dieser Beitrag sollte wiederum von den Gästen refinanziert werden – in Form einer höheren Kurtaxe. Von dem einen Euro Solidarbeitrag sollten 75 Cent an den Verkehrsverbund Bodo fließen, 25 Cent an die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH (DBT) für die Organisation der EBC. Dieser kleinere Anteil wurde nun als „nicht kurtaxefähig“beanstandet. Warum? Weil sich diese Kosten „nicht auf eine zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellte Einrichtung oder eine zu diesem Zweck durchgeführte Veranstaltung der Antragsgegnerin“, sprich: der Gemeinde, beziehe.
Dem baden-württembergischen Kommunalabgabenrecht liegt laut VGH die Vorstellung zugrunde, dass der Abgabepflichtige sich in der Gemeinde aufhalte und dort an Veranstaltungen teilnehme oder Leistungen und Einrichtungen der Gemeinde in Anspruch nehme. Nicht kurtaxefähig seien jedoch Kosten für eine Gästecard wie die EBC, die andernorts Vergünstigungen gewähre. Rechtlich kein Problem sei dagegen der Beitrag, der an Bodo abgeführt werde, damit Touristen kostenlos den öffentlichen Personennahverkehr nutzen könnten.
Eher am Rande wird in der Pressemitteilung ein Punkt erwähnt, den die Richter während der Verhandlung noch sehr kritisch gesehen hatten: die Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes. „Ebenfalls keine gesetzliche Grundlage gebe es dafür, Gastgeber zu verpflichten, von ihren Gästen die Zustimmung zur datenschutzrechtlichen Erklärung einzuholen“, heißt es lapidar in der Urteilsbegründung.
Beschwerde ist noch möglich
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Beschwerde in der nächsthöheren Instanz – dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig – ist möglich. Ob die Gemeinde Langenargen dieses Rechtsmittel in Anspruch nehmen wird, vermochte der Bürgermeister am Dienstag noch nicht zu sagen. „Wir werden die Urteilsbegründung genau anschauen und mit unserer Anwältin beraten, wie es weitergeht“, sagte Achim Krafft. Auf den ersten Blick erschließe sich ihm der Richterspruch nicht vollständig, schließlich bekomme der Gast über die DBT die Fahrleistung von Bodo geboten. Auch den Datenschutz hält er für händelbar. Zumindest etwas froh ist er, dass die Richter seiner Gemeinde keinen Fehler bei der Satzungsgestaltung vorwerfen konnten.
„Es ist gut, dass die Urteilsbegründung jetzt da ist. Das gibt allen am Projekt Gästekarte Beteiligten nun die Möglichkeit, genau zu analysieren, an welchen Stellschrauben gedreht werden sollte“, erklärt Landrat Lothar Wölfle. „Das braucht aber etwas Zeit, weshalb wir jetzt noch keine inhaltliche Bewertung abgeben können.“
Gastgeberin Annette Pfleiderer war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.