Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Bodensee-Airport kann mit Stadt und Kreis rechnen
13,6 Millionen: Große Fraktionen wollen Flughafen unterstützen – Grüne sehen Darlehen kritisch
FRIEDRICHSHAFEN - Neues Geld für den Bodensee-Airport: Die Gesellschafter sollen von 2018 bis 2020 dem Flughafen Darlehen in Höhe von jährlich etwa 4,5 Millionen Euro gewähren – das macht insgesamt 13,6 Millionen Euro. Mit dem Geld will der Airport eine Teilentschuldung erreichen und Investitionen tätigen. Die Gremien der beiden größten Gesellschafter, Stadt Friedrichshafen und Bodenseekreis mit je 39,38 Prozent, müssen dem Plan allerdings erst noch zustimmen. Was kein Problem sein sollte, wie eine Umfrage unter den großen Fraktionen ergab.
Im Sommer haben Stadt und Kreis jeweils eine Million Euro zugeschossen, die klare Vorgabe: Der Flughafen soll mit dem Geld innerdeutsche Flüge reaktivieren. Sprich: Nach den Pleiten von Intersky und VLM sollen Berlin, Hamburg und Düsseldorf wieder als direkte Ziele im Flugplan stehen. Wie weit die Umsetzung ist, dazu wollte Airport-Chef Claus-Dieter Wehr bei einer Pressekonferenz am Dienstag zwar nichts Konkretes sagen, bestätigte aber, dass die dänische Sun Air of Scandinavia eine von drei Fluglinien ist, mit denen durchaus konkrete Gespräche geführt werden.
Jetzt also in den kommenden drei Jahren 13,6 Millionen Euro, – anteilig auf die Gesellschafter umgelegt, – die 2021 in Eigenkapital gewandelt werden sollen. Nichtöffentlich war der Plan bereits Thema, in seiner Sitzung am 20. November berät der Gemeinderat der Stadt Friedrichshafen öffentlich darüber – und stimmt voraussichtlich dafür, genau wie der Bodenseekreis einen Anteil von etwa 5,4 Millionen zu übernehmen.
Stadt der Mobilität
„Es wird keine Überraschung sein, dass wir den Plan unterstützen “, sagt jedenfalls CDU-Fraktionsvorsitzender Achim Brotzer. „Wir stehen prinzipiell zum Flughafen und sehen den Bedarf, einen nachhaltigen Beitrag zu leisten.“Der Airport sei eine öffentliche Infrastruktureinrichtung, die nicht ständig zur Disposition stehen dürfe. Achim Brotzer bemerkt: Würde die Investition pro Kopf heruntergerechnet, „ist der Betrag wohl niedriger als der, den wir für den öffentlichen Nahverkehr aufbringen“.
Die Diskussion sei zwar noch relativ frisch, doch auch die Freien Wähler (FW) stehen nach wie vor zum Bodensee-Airport, versichert Fraktionschef Eberhard Ortlieb. Der Grund: „Wir leben mit unserer Industrie und der Messe in einer landwirtschaftlich schönen Gegend, die aber anbindungstechnisch eine Diaspora ist.“Auf den Flughafen könne nicht verzichtet, die Defizite müssten akzeptiert werden.
Die SPD sei gerade erst dabei, sich unter anderem darüber zu informieren, wie hoch das finanzielle Engagement ist, erklärt Fraktionsvorsitzender Dieter Stauber. Seiner Meinung nach sei der Flughafen jedoch eine wichtige Infrastruktureinrichtung, die nicht zuletzt wegen der Wirtschaftsunternehmen aufrechterhalten bleiben müsse. Friedrichshafen sei eine Stadt der Mobilität und befinde sich dennoch im Verkehrsschatten, was die Straßen angehe. Er selbst halte den Finanzplan für vertretbar, „und ich persönlich bin bereit, den Weg mitzugehen“.
Ganz anders die Grünen: „Wir lehnen eine weitere Bezuschussung des Flughafens ab“, teilt Fraktionsvorsitzende Mathilde Gombert mit. Bei Betrachtung des soeben in den Gemeinderat eingebrachten Haushaltsentwurfs könne das Geld an anderer Stelle viel besser eingesetzt werden, „als damit einen seit Jahrzehnten unwirtschaftlichen Flughafen zu finanzieren“. Die Hoffnungen, dass der Airport dann laufe, seien schon oft trügerisch gewesen und hätten sich nicht bewahrheitet.
Die Reaktion des Häfler Oberbürgermeisters Andreas Brand fällt äußerst knapp aus: „Eine öffentliche Beratung und Beschlussfassung ist in beiden Gremien noch im November geplant. Dem Ergebnis dieser Beratung der Gremien kann und will ich nicht vorgreifen.“Klares Ziel: Planungssicherheit Die Antwort von Landrat Lothar
Wölfle auf eine entsprechende Anfrage enthält die gleiche Aussage. Der Kreistag soll am 15. November entscheiden – und auch dort ist ein klares Ja zu erwarten. Die spannendere Frage
wird wohl sein, wie sich die Fraktionen hinsichtlich Finanzspritzen positionieren werden, die über das jetzt vorgelegte Paket hinausreichen. Nicht nur Dieter Hornung, Fraktionsvorsitzender der CDU, geht davon aus, dass dieses nur ein erster Schritt sein könnte. Zu möglichen weiteren Schritten will er sich zwar noch nicht detailliert äußern, weil dazu, so Hornung, noch verschiedene Zahlen als Beratungsgrundlage fehlten. Klares Ziel sei aber, „Nägel mit Köpfen“zu machen, um „Planungssicherheit für die nächsten Jahre“zu bekommen.
Ähnlich äußert sich Frank Amann, Fraktionschef der Freien
Wähler. Wichtig sei zunächst die Entschuldung, um den Flughafen in die Lage zu versetzen, aus dem operativen Geschäft schwarze Zahlen zu schreiben. Eine mögliche finanzielle Unterstützung darüber hinaus wird laut Amann ganz wesentlich davon abhängen, ob es gelingen wird, eine Fluggesellschaft anzulocken, die die wichtigsten inländischen Ziele wieder ansteuert. „Wenn das nicht gelingt, müssen wir uns fragen, ob wir
wirklich mit Steuergeldern einen Ferienflugbetrieb finanzieren wollen“, sagt Amann.
Auch Christa Hecht-Fluhr, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sieht die größte Herausforderung darin, eine Airline für die Inlandsflüge zu finden. Bei der anstehenden Abstimmung befinden sich die Grünen in einer Zwickmühle. Einerseits sehen sie öffentliche Finanzspritzen für den Flughafen traditionell kritisch, andererseits verweist Hecht-Fluhr auf die Gefahr, bei einer Zahlungsunfähigkeit auch das Stammkapital zu verlieren.
Dass der Flughafen aus eigener Kraft auf die Beine kommt, dafür sieht SPD-Fraktionschef Norbert Zeller
aufgrund der hohen Darlehensbelastungen praktisch keine Chance. Die Entschuldung sei deshalb notwendig. Hinsichtlich weiterer Hilfen müsse man weitere Gespräche abwarten. Und nicht zuletzt auch das Land in die Pflicht nehmen – vor allem in Bezug auf notwendige sicherheitsrelevante Investitionen. „Da müssen sich die Grünen endlich mal einen Ruck geben. Andere Bundesländer sind da deutlich engagierter.“